Abgang der letzten Tüte

In den Rewe-Filialen ist jetzt Schluss mit den Einmal-Plastiktragetaschen

Die Plastiktüte ist angezählt. Bei Rewe waren die Medien eingeladen, den letzten Zuckungen der letzten Plastiktragetasche beizuwohnen. Oberbürgermeister Boris Palmer kam gestern eigens zur Abschiedsvorstellung angeradelt. Und ihm wurde das letzte Exemplar dieser hoffentlich aussterbenden Gattung überreicht.

28.07.2016

Von Ulla Steuernagel

Alexandra Hiller, Filialleiterin bei Rewe am Bahnhof, hält die letzte Einmal-Plastiktragetasche in den Händen. Boris Palmer hat seinen Einkauf schon im Tragekarton verstaut, den er aber nicht im Kofferraum eines Autos versenkte, sondern, nachhaltig wie immer, auf den Gepäckträger seines Rads klemmte.Bilder: Steuernagel

Alexandra Hiller, Filialleiterin bei Rewe am Bahnhof, hält die letzte Einmal-Plastiktragetasche in den Händen. Boris Palmer hat seinen Einkauf schon im Tragekarton verstaut, den er aber nicht im Kofferraum eines Autos versenkte, sondern, nachhaltig wie immer, auf den Gepäckträger seines Rads klemmte.Bilder: Steuernagel

Oberbürgermeister Boris Palmer ließ es sich nicht nehmen, an dieser Dernière teilzunehmen. Schon weil es für ihn auch „eine familiäre Komponente“ gibt. Zwei Jahrzehnte lang habe er auf dem Wochenmarkt gehört, wie sein Vater die Kunden ermahnte: „Bringet euren Korb mit!“

Vater Palmer wäre wohl ziemlich fuchsig geworden, hätte er erlebt, was seinem Sohn Jahre später am anderen Ende der Welt, nämlich in Australien, widerfuhr: Dort sei es nicht möglich, so erinnerte sich der Sohn, einen Einkauf an der Kasse tütenfrei hinzukriegen.

Man muss nicht ganz so weit reisen, um zu sehen, dass die bunten Dinger mit dem Rewe-Verzicht allein noch nicht auszurotten sind. Dabei wäre ihnen ein schneller Tod zu wünschen, denn ihre Schnipsel verseuchen die Weltmeere und lassen Meerestiere vor der Zeit verenden. Das Gesetz des Marktes sollte hier also wohltuend greifen und die anderen Lebensmittelhändler dem guten Beispiel folgen lassen. Mit dem Rewe-Abgesang könnten die bundesweiten Pro-Kopf-Ausgaben von 76 Plastiktüten im Jahr auf 65 sinken. Jedenfalls, wenn man die 15 Prozent abzieht, die Rewe am bundesdeutschen Lebensmittelhandel als Marktanteil hält.

Der Markt am Europaplatz ist der erste, der jetzt sein Tütenlager leergeräumt hat. In den anderen Filialen wird es noch ein wenig dauern, bis die Restbestände verteilt sind. Tütensammler sollten sich also ranhalten, wenn sie noch ein Exemplar ergattern wollen!

Zur plastikfreien Zone ist der Lebensmittelhändler damit jedoch noch lange nicht geworden. Allüberall stehen Plastikhüllen in den Regalen Spalier, und auch an den Obst- und Gemüsetheken gibt es weiterhin die dünnen Zellophanbeutel und die abgewogene, in Plastikbehälter verpackte Ware. Doch auch an der Abschaffung oder Minimierung dieses Plastikaufkommens wird gearbeitet. Ein eigener Arbeitskreis, so hieß es, prüft verschiedene Modelle für nachhaltigen Einkauf.

Der Aufkleber zeigt,

dass sie bezahlt ist

Marktleiterin Alexandra Hiller versicherte gestern, dass die Kunden die Ware auch lose zur Kasse tragen können. Keine Kassiererin fordere eine Plastikhülle ein. Und wie reagieren umgekehrt die Kunden, wenn sie an der Kasse Jutebeutel, Tragekartons, kleine und große Papiertüten und mehrfach verwendbare stabile Plastiktragetaschen angeboten bekommen? „Achtzig Prozent“, so Hiller, „finden es positiv.“

Auch müssen die Kunden, die ihre Tragetaschen bei den nächsten Einkäufen wiederverwenden, keine Sorge haben, dass sie zur erneuten Bezahlung verdonnert werden. Die Tüten haben einen Aufkleber, der signalisiert, dass sie schon korrekt abgerechnet wurden.

Boris Palmer nahm zwar die Plastiktüte entgegen und wird sie wahrscheinlich nur zu gerne in eine Reliquiensammlung einreihen, aber für seinen Einkauf fühlte er sich von dem Karton mit der Aufschrift „Hallo Umwelt“ weit mehr angesprochen. Als der dann auch noch auf den Gepäckträger seines Fahrrads passte, war Palmer erst recht zufrieden.

Das Tütenproblem ist allerdings mit dem Wechsel zur Papiertüte nur teilweise gelöst. Das Papier ist zwar längst verrottet, bevor es zum Fischfraß werden könnte. Doch die Herstellung der braunen Tüten ist ebenfalls Ressourcen-intensiv. „Immerhin“, so fand der OB, „handelt es sich anders als bei den mit Öl hergestellten Plastiktüten um nachwachsende Ressourcen.“

In den Rewe-Filialen ist jetzt Schluss mit den Einmal-Plastiktragetaschen

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Erstellt:
28.07.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 32sec
zuletzt aktualisiert: 28.07.2016, 01:00 Uhr

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