Der Saft und die Welt

Im Rahmen der Apfelwoche mostete der Nabu Mössingen mit Schulkindern

Erst die Äpfel zermahlen, dann auspressen. Saftmachen ist einfach. Kinder machen sich dazu aber ziemlich komplizierte Gedanken.

30.09.2016

Von claudia jochen

Auf dem Pausa-Gelände mosten Mössinger Grundschüler mit dem Nabu. Flüchtlinge aus der Unterkunft im Hintergrund bekamen auch was vom Saft.Bild: Franke

Auf dem Pausa-Gelände mosten Mössinger Grundschüler mit dem Nabu. Flüchtlinge aus der Unterkunft im Hintergrund bekamen auch was vom Saft.Bild: Franke

Mössingen. Sven Kremer und seine Kollegen vom Nabu Mössingen möchten Grundschulkinder gerne „für unser Streuobstparadies begeistern und für die Natur sensibilisieren“. Mössinger Äpfel, garantiert Bio, wie Matthias Wekkeli versichert, werden dazu erst zerkleinert, dann gepresst. Die Naturschützer haben dazu extra eine historische Rübenreibe mitsamt einer alten Saftpresse auf den Löwensteinplatz gestellt.

Alfred Metzinger hat von seiner Frau sogar die Order bekommen, bereits mit Obstflecken garnierte Unterwäsche anzuziehen: „Mei Frau will des so, aber mir isch des egal. Des sieht jo koiner.“ Die Kinder im Alter von neun bis elf aus der Dreifürstensteinschule betätigen eifrig die große Kurbel. Fabrice Muntenjon (10) kommt bei den sommerlichen Temperaturen richtig ins Schwitzen. Samuel Walser (11) möchte eigentlich nur den Saft trinken. Fabrice packt ihn am Arm und muntert ihn auf: „Los! Mach schon mit.“

Und Samuel kurbelt. Zuerst lustlos, dann aber voller Enthusiasmus: „Das macht Spaß!“ Auch aus der angrenzenden früheren Mehl‘schen Fabrik, jetzt Flüchtlingsunterkunft, kommen interessierte Bewohner, die den frisch gepressten Saft probieren. Das spricht sich schnell herum. Einige Flaschen dürfen sich dann auch die Geflüchteten abfüllen. Nora Sauer, elf Jahre alt, kennt die Prozedur schon aus dem Kindergarten. „Außerdem bin ich müde. Die Katzen haben mich die ganze Nacht nicht schlafen lassen.“

Für die Natur muss man sie und Fabrice nicht erst sensibilisieren. „Ich will später mal Agrarwissenschaft studieren. Traktor fahren kann ich schon“, erklärt Fabrice und doziert weiter: „Was unsere Bauern alles für uns tun, ist schon abartig! Die schaffen, was das Zeug hält: Milchkühe, aufs Feld gehen, und das alles für wenig Geld.“ Und Nora ergänzt: „Das Problem ist doch das Geld. Das macht die Welt kaputt.“ Und schon beginnt ein Fachgespräch unter Grundschülern: „Wir müssen das ändern. Zum Beispiel günstige Elektroautos bauen“, sinniert Fabrice. Nora meint: „Alle denken doch eigentlich nur daran, dass alles neu sein muss: die Mode oder die Technik. Und Politiker wollen auch nur Geld verdienen. Die denken nicht einfach an Menschen oder Natur.“

Man kurbelt nicht nur an der Reibe und presst Saft. Die Schüler finden es ganz in Ordnung, mit den Menschen auch den Saft zu teilen. Fabrice grübelt laut weiter, während er an der Rübenreibe kurbelt: „Wir schicken unsere Soldaten weg in den Krieg. Dafür bekommen wir Flüchtlinge zurück. Ich finde, die Kriege sollten endlich aufhören!“ Viel Sensibilität für die Umwelt und ihre Mitmenschen bei den Grundschülern.

Im Rahmen der Apfelwoche mostete der Nabu Mössingen mit Schulkindern

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Erstellt:
30.09.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 15sec
zuletzt aktualisiert: 30.09.2016, 01:00 Uhr

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