Hitzewelle · Landwirte und Winzer hoffen auf Regen

Höchstwerte von 38 Grad · Wir erklären, wie sich die Hitze auf Menschen, Tiere und Pflanzen auswirkt

Bis zu 38 Grad soll es heute warm werden. Von einer Hitzewelle sprechen die Meteorologen. Während die einen begeistert das Freibad und die Eisdielen stürmen, bereitet die Hitze den anderen Kopfzerbrechen.

22.06.2017

Von Kathrin Kammerer

Sonne scheint auf ein Getreidefeld – würden doch nur die Wolken endlich für Abkühlung sorgen. Bild: Metz

Sonne scheint auf ein Getreidefeld – würden doch nur die Wolken endlich für Abkühlung sorgen. Bild: Metz

„Klar, das Wetter schlaucht Tiere und Pflanzen“, sagt Jörg Kautt, der Vorsitzende des Kreisbauernverbands (KBV). Wird es heißer als 30 Grad, schütte das Getreide ein Hormon aus, welches verhindert, dass der Mehlkörper weiter gefüllt wird. Resultat: Weniger Körner und kleineres Getreide. „Im schlechtesten Fall kann man das Getreide nur noch verfüttern“, sagt Kautt. Auch der Boden spiele eine entscheidende Rolle während einer solchen Hitzewelle: „Steinige und stark lehmige Böden können das Wasser schlecht speichern“, so Kautt. Für die Landwirte im Neckartal und im Ammertal sei die Hitze also nochmal gravierender.

Auch die Tiere leiden

„Wir hoffen sehr, dass bald Regen kommt“, so Kautt. Auch die Tiere der Landwirte leiden unter der Hitze: „Denen kann man mit einem transportablen Ventilator helfen.“. Er kenne einige Kollegen, die ein solches Gerät in ihre Ställe stellen. Für die Landwirte, die gerade Heu machen, sei das Wetter dagegen ideal: „Ist das Gras zu nass, wenn man es einlagert, schimmelt es.“

An seinen Weinreben in Unterjesingen konnte der Winzer Richard Müller bislang keine großen Hitzeschäden entdecken. „Ich bin mir aber sicher, dass schon Wassermangel herrscht“, sagt er. Ältere Rebstöcke hätten oft tiefe Wurzeln, die ihnen dabei helfen, längere Trockenperioden zu überstehen. Junge Reben dagegen könnten leichter vertrocknen. „Jetzt muss es irgendwann regnen“, sagt Müller, „sonst wird es schwierig“. Er nimmt die Hitzetage momentan aber noch mit einem Augenzwinkern: „Immerhin haben wir noch den ganzen Wein von 2016 als Vorrat im Fass.“

Baden-Württembergs Forstminister Peter Hauk hat am Montag auf die verstärkte Waldbrand-Gefahr hingewiesen: „Trockene Streu und ausgedörrtes Gras brennen wie Zunder.“ Schon eine weggeworfene Zigarette oder ein unbeaufsichtigtes Grillfeuer könnten verheerende Folgen haben. Im Landeswaldgesetz von Baden-Württemberg ist deshalb unter anderem ein Rauchverbot im Forst vom 1. März bis zum 31. Oktober festgelegt. In Stuttgart beispielsweise sind seit gestern auf Grund der erhöhten Waldbrandgefahr alle öffentlichen Grillstellen gesperrt.

Hohe Waldbrand-Gefahr

Der Waldbrandgefahrindex des Deutschen Wetterdienstes ist bis heute stark gestiegen und soll ab morgen wieder sinken. Auf einer Skala von 1 (sehr geringe Gefahr, grün) bis 5 (sehr hohe Gefahr, lila) ist vor allem der Süden Deutschlands dunkelrot und lila verfärbt. Der Ozonwert lag gestern laut Messungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) um 18 Uhr in Tübingen bei 189 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft. Der sogenannte Informationsschwellenwert liegt bei 180. Wird dieser überschritten, informiert die LUBW Presse und Behörden. Empfindliche Personen können Kopfschmerzen und Atembeschwerden bekommen.

Auch wer zu wenig trinkt, bekommt schnell körperliche Beschwerden. „Der Blutdruck sinkt und der Kreislauf kann zusammenbrechen“, so die Leitende Notärztin Lisa Federle. „Uns ist zudem aufgefallen, dass sich Schlaganfälle bei einer solchen Temperatur mehren“, sagt sie weiter. Auch bei Sonnenstichen wurden die Notärzte schon angefordert. Insgesamt halten sich die Hitzeauswirkungen der vergangenen Tage aber in Grenzen: „Mehr Einsätze als in den vergangenen Jahren hatten wir diesbezüglich bisher nicht.“ Das ist auch im Uni-Klinikum nicht der Fall, bestätigt dessen Pressesprecherin Bianca Hermle.

Autobahnen nicht gefährdet

Zum Schutz vor aufgebrochenem Asphalt (sogenannten Blow-ups), hat das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe am Dienstag auf seinen Autobahnen Tempolimits ausgesprochen. Diese gelten, wenn die Tagesmitteltemperatur über 30 Grad liegt. Die Autobahnen im Tübinger Regierungsbezirk sind jedoch nicht so stark durch Blow-ups gefährdet, dass eine Begrenzung der Geschwindigkeit notwendig wäre, sagt RP-Pressesprecher Steffen Fink auf TAGBLATT-Anfrage.

Im Neckar und den anderen Flüssen herrscht aktuell auf Grund des ausbleibenden Niederschlags „mittlerer Niedrigwasserstand“, so Martina Guizetti, die Pressesprecherin des Landratsamtes. „Das sind Werte, die durchschnittlich einmal pro Jahr auftreten.“ Von einem historischen Niedrigstand, wie beispielsweise 2003, sei man derzeit aber noch entfernt.

Wer sich jedoch über die hohen Temperaturen freut: die Tübinger Stadtwerke. Das Freibad vermeldet dank Wetterhoch „Concha“ für vergangenen Sonntag (3831) und Montag (3999) hohe Besucherzahlen. An den bisherigen Rekord vom 28. Mai (7862) konnte man diese Woche jedoch noch nicht anknüpfen – und am Dienstag (1014) war vielen Tübingern dann wohl selbst der Gang ins Freibad zu anstrengend.

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22.06.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 22.06.2017, 01:00 Uhr

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