SPD scheitert mit Prüfantrag

Hochhaus „Stuttgarter Tor“: Bewertungskommission wird nicht erneut einberufen

Reutlingen will am Bahnhof hoch hinaus – doch wegen des geplanten Hochhauses „Stuttgarter Tor“ geht es im Gemeinderat erst einmal hoch her. Am Donnerstag wurde ein SPD-Antrag zur neuerlichen Prüfung des Projekts abgelehnt.

02.07.2016

Von Thomas de Marco

Hochhaus „Stuttgarter Tor“: Bewertungskommission wird nicht erneut einberufen

Reutlingen. Die SPD-Fraktion stellt das Hochhaus-Projekt zwar nicht grundsätzlich in Frage, aber der aktuelle Vorschlag des stadtbildprägenden Gebäudes weiche vom ursprünglichen deutlich ab, erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende Helmut Treutlein: „Es wird höher und breiter. Wir wollen das Projekt nicht verhindern, sind es aber der Stadt schuldig, das noch einmal zu prüfen.“ Deshalb beantragte die SPD, die Bewertungskommission erneut einzuberufen.

Dagegen wehrte sich vor allem die CDU-Fraktion vehement. „Behindern und verhindern – so ist der Antrag der SPD zu überschreiben“, polterte der Fraktionsvorsitzende Rainer Löffler. Als das Preisgericht tagte, sei das Gebäude 55 Meter hoch gewesen, „aber es hieß, es würde auch eine größere Höhe vertragen. Deshalb plante der Investor höher. Das hat die Bewertungskommission auch abgesegnet“, erklärte Löffler. Deshalb mache es auch keinen Sinn, die Kommission noch einmal einzuberufen.

Das sahen andere Fraktionen ähnlich: Erich Fritz (FWV) machte keine radikalen Änderungen aus, Jürgen Straub von der WiR-Fraktion konnte den SPD-Antrag nicht nachvollziehen und sah mit Sorge, „dass wieder ein großes Projekt eingebremst werden soll“. Regine Vohrer monierte für die FDP, der Gemeinderat hätte sich zwei Jahre lang mit dem Hochhaus beschäftigt – „es sieht so aus, wie wir es ausgesucht haben.“

Gabriele Janz konstatierte für die Grünen dagegen eine „gravierend andere Entwicklung zu dem, was die Bewertungskommission verlauten ließ“. Wegen der deutlichen Veränderung (64 Meter Höhe statt ursprünglich 55 Meter) sei man es der Bevölkerung schuldig, sich noch einmal selbst ein genaues Bild zu machen, sagte Janz und plädierte für eine erneute Einberufung der Bewertungskommission.

Die beiden Vertreter der Linken waren sich vor Sitzungsbeginn noch unschlüssig bezüglich des SPD-Wunsches – doch vor allem Stefan Dvorak, der Leiter des Stadtentwicklungsamts, überzeugte sie, dafür zu stimmen. Dvorak hatte dargelegt, dass eine erneute Anhörung der Kommission keinerlei Zeitverzögerung für das Projekt und damit auch für den Investor bedeuten würde. „Wieso nutzen wir es dann nicht, noch einmal den Rat von Fachleuten einzuholen?“, fragte Ziegler in die Runde. Die Linken unterstützten Hochhäuser als gute Alternative im Wohnungsbau – „aber dieses Gebäude ist der Bud Spencer unter den Hochhäusern“. Aus ästhetischen Gründen müsse deshalb geklärt werden, ob die Stadt eine solche Kubatur vertrage.

OB Barbara Bosch fasste die Gemeinsamkeiten der Fraktionen zusammen: Für ein Hochhaus an dieser Stelle als urbane Antwort auf großen Flächenverbrauch gebe es nur Zustimmung. Außerdem sei ein wesentlicher Punkt für alle, dass es zu keiner Zeitverzögerung für den Reutlinger Investor Schöller und Partner kommen dürfe.

Umstritten sei dagegen, ob die Veränderungen beim Projekt so wesentlich seien, dass die Kommission jetzt noch einmal einberufen werden sollte. Oder ob es nicht doch vernünftiger wäre, den Rat dieser Experten zu einem späteren Zeitpunkt erneut einzuholen. Letztlich plädierte sie wie Dvorak dafür, die Kommission jetzt noch einmal tagen zu lassen. „Das könnte unter Umständen doch förderlich sein, bevor uns das noch auf die Füße fällt.“ Sie könne auf jeden Fall beide Seiten verstehen, betonte Bosch.

Die CDU teile diese Interpretation nicht, konterte deren Fraktionsvorsitzender Löffler: Als die Bewertungskommission das zweite Mal getagt habe, sei die Höhe von 64 Metern bereits festgelegt worden. „Danach gab es noch drei Sitzungen mit Verwaltung, Investor und externen Fachleuten, die sich zu dieser Lösung zusammengerauft haben. „Es ist alles gesagt. Was soll die Kommission nun noch sagen?“

Wer behaupte, es habe sich nichts Neues ergeben, schwindle sich allerdings in die eigene Tasche, antwortete Linken-Stadtrat Ziegler. Er wolle nicht, dass sich die Mitglieder des Gemeinderats später vorwerfen lassen müssten, sie hätten nicht alles versucht. Auch Ulrich Lukaszewitz (SPD) wunderte sich, warum das Gremium die Möglichkeit auslasse, sich noch einmal zu informieren.

Das überzeugte die Mehrheit des Gemeinderats allerdings nicht: Am Ende der heftigen Debatte votierten die Fraktionen von CDU, FWV, WiR sowie FDP gegen den Antrag der SPD.

Business-Park beim Fernmeldeamt nimmt nächste Hürde

Das Projekt KA 84 des Investors Jochen Welsch, beim Fernmeldeamt im Osten der Stadt einen Business-Park mit bis zu 1000 Arbeitsplätzen zu schaffen, hat am Donnerstag im Gemeinderat die nächste Hürde genommen: Der Bebauungsplan für das Fernmelde-Areal wurde einstimmig vom „Sondergebiet Post“ zu einem eingeschränkten Gewerbegebiet umgewandelt. Allerdings gab es dabei auch kritische Töne: Edeltraut Stiedl (SPD) kritisierte vehement, wie der Investor mit dem Kunstwerk von Otto Herbert Hajek vor dem Fernmeldeamt umgegangen sei. Durch den Abriss des „Wegzeichens“ habe dieser die Kunst mit Füßen getreten. Susanne Müller (Grüne) bedauerte, dass die Stadt das Gebäude nicht selbst gekauft habe. Denn danach hätte sie das anzusiedelnde Gewerbe selbst heraussuchen und den östlichen Eingang in die Stadt selber gestalten können.

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Erstellt:
02.07.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 22sec
zuletzt aktualisiert: 02.07.2016, 01:00 Uhr

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