Solche Gänsehaut-Momente vergisst man nicht

Goldmedaillengewinner Steffen Warias kehrt beeindruckt von den Paralympics zurück

Mitte September gewann Steffen Warias das Straßenradrennen der Paralympischen Spiele. Im Rückblick auf seine zwei Wochen in Rio erinnert sich der Tübinger Goldmedaillengewinner aber auch an hilfsbereite Menschen, Gänsehaut-Momente und Sprachbarrieren.

01.10.2016

Von David Scheu

Wer hat die Kokosnuss, wer hat die Kokosnuss geklaut? Steffen Warias hat es jedenfalls genossen, aus der Tropenfrucht zu trinken. Privatbilder

Wer hat die Kokosnuss, wer hat die Kokosnuss geklaut? Steffen Warias hat es jedenfalls genossen, aus der Tropenfrucht zu trinken. Privatbilder

Tübingen. Was fällt Steffen Warias als erstes ein, wenn er an Rio zurück denkt? Er muss Abbitte leisten: „Die Organisation und Logistik war viel besser als erwartet.“ Kurz vor seinem Abflug nach Rio hatte er im Gespräch mit dem TAGBLATT noch Bedenken geäußert, in der Öffentlichkeit war viel vom Chaos in Brasilien die Rede. „Stimmt nicht, das war fast vergleichbar mit London“, sagt Warias, nennt dann aber doch ein kleines Manko: „Die Transportzeiten sind schon sehr lange, Rio ist halt eine ziemlich große Stadt.“ Eigentlich, sagt Warias, sei sein Fahrrad der schnellste Weg gewesen, um von A nach B zu kommen. Beispiel: Mit dem Taxi ging’s nach dem Olympiasieg zur Belohnung vom olympischen Dorf zur Christusstatue. Fahrtzeit: knapp zwei Stunden pro Strecke. Gelohnt hat sich’s trotzdem: „Der Blick von das oben ist schon atemberaubend“, sagt Warias. Zwei weitere Highlights nennt er, die beide ganz am Anfang seiner Zeit in Rio standen. Zunächst natürlich wie erwartet die Eröffnungsfeier, die er in London noch verpasst hatte.

Alphabetisch ging’s für die Nationen ins Maracana-Stadion – und da Deutschland in der brasilianischen Amtssprache Portugiesisch ziemlich am Anfang kommt (Alemanha), musste Warias auch nicht zu lange warten. „Wir sind davor aber etwa zehn Minuten im Tunnel gestanden und haben schon ein bisschen was vom Stadion gesehen und gehört. Das sind Gänsehaut-Momente, die du nicht vergisst.“ Ein zweiter, ganz ungeplanter Höhepunkt: das Treffen mit dem Chef. Zwei Tage vor der Eröffnungszeremonie saß der 31-jährige Tübinger nämlich im Essenszelt auf einmal ganz zufällig am gleichen Tisch wie Sir Philip Craven, seines Zeichens Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees. Kurzer Small-Talk mit einem Lob für die Organisation der Spiele, dann war der Teller auch schon leer.

Was Warias aber natürlich immer zuallererst in Erinnerung kommt: der Olympiasieg. Erst schrammte er im Zeitfahren knapp an einer Medaille vorbei, zwei Tage später klappe es dann im Straßenrennen – Gold im Schlusssprint, was anschließend auch ausgelassen im Deutschen Haus gefeiert wurde. „Das ist ganz klar der größte Erfolg meiner Karriere“, sagt Warias dann auch wenig überraschend. Klar, was gibt’s für einen Sportler auch Größeres als einen Olympiasieg? Und dazu noch auf einer Strecke, die was fürs Auge war: „Es ging direkt am Strand vorbei an vielen Surfern und jungen Menschen. Wie man sich eben das klassische Rio-Klischee so vorstellt“, sagt Warias, der dort übrigens auch aus eine Kokosnuss getrunken hat: „Das gehört einfach auch dazu.“

Ohnehin hat sich der Tübinger wohl gefühlt in Brasilien, das will er unbedingt noch erwähnt haben: „Von der örtlichen Bevölkerung sind die Spiele und Sportler sehr gut angenommen worden. Teilweise wurden wir aus Autos heraus hupend angefeuert, obwohl wir nur auf dem Rad trainiert haben.“ Und auch Sprachbarrieren angesichts mangelnder Portugiesisch-Kenntnisse waren kein Problem, Warias half sich mit Englisch, Händen und Füßen. „Die Menschen in Rio waren alle sehr freundlich und hilfsbereit. Es war eine schöne Zeit.“

Wer hat die Kokosnuss, wer hat die Kokosnuss geklaut? Steffen Warias hat es jedenfalls genossen, aus der Tropenfrucht zu trinken. Privatbilder

Wer hat die Kokosnuss, wer hat die Kokosnuss geklaut? Steffen Warias hat es jedenfalls genossen, aus der Tropenfrucht zu trinken. Privatbilder

Die WM in Südafrika als Zwischenziel vor Tokio

Nach Rio ist vor Tokio: Die Paralympischen Spiele 2020 „sind für mich prinzipiell schon das Ziel“, sagt Steffen Warias und wägt ab: Einerseits sei der Paralympic-Sieg nicht mehr zu toppen, eigentlich könnte er abtreten. Aber: „Andererseits waren die zwei Wochen in Rio ein tolles Erlebnis. Es ist schon eine große Motivation, das in vier Jahren eventuell nochmal erleben zu können“, sagt Warias, ergänzt aber auch: „Vier Jahre sind eine lange Zeit. Da kann viel zu viel passieren, um sich jetzt schon festzulegen.“ Daher gibt’s zunächst mal ein kurzfristiges Zwischenziel: die Weltmeisterschaft kommendes Jahr in Südafrika.

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Erstellt:
01.10.2016, 23:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 52sec
zuletzt aktualisiert: 01.10.2016, 23:00 Uhr

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