Über Dieter Baumanns Olympiasieg vor 25 Jahren

Gönnen Sie sich doch heute einen Gänsehaut-Moment

Ja, stimmt schon. Als Dieter Baumann in den Abendstunden des 8. August 1992 Olympiagold gewann, da war er gar kein Tübinger. Damals lebte der weiße Kenianer – wie die Medien ihn bald nannten – noch in Herrlingen bei Blaustein.

08.08.2017

Von Vincent Meissner

Dennoch darf man den in Blaubeuren aufgewachsenen früheren Mittel- und Langstreckenläufer heute guten Gewissens als Tübinger Olympiasieger bezeichnen. Zum einen trainierte Baumann schon vor seinem Umzug 1997 nach Tübingen hier auf der Bahn. Und er gehört inzwischen unter anderem als Mitorganisator des Erbe-Stadtlaufs zum Stadtbild.

Viele Tübinger dürften damals auch mitgefiebert haben, als Baumann im Olympiastadion von Barcelona im Finale über 5000 Meter am Start war. Und erst recht, als es in die letzte Runde und dann auf die Schlussgerade ging. Die letzten 100 Meter legte Baumann in 11,9 Sekunden zurück. So schnell schaffen das die meisten niemals in ihrem Leben. Erst recht nicht, wenn sie vorher schon 4900 Meter hinter sich haben.

Vielen ist noch der legendäre TV-Kommentar des – später mitunter gar als kongenial bezeichneten – Duos Gerd Rubenbauer und Dieter Adler in Erinnerung. „Dieter Baumann ist Olympiasieger“, jubelte Adler und fügte noch geschwind hinzu: „Dieter Baumann von der Schwäbischen Alb.“ Baumann selbst riss, nachdem er die Ziellinie überquert hatte, erst die Arme in die Luft, zauberte vor lauter Freude einen Purzelbaum auf die Tartanbahn, legte sich dann auf den Rücken und ballte die Fäuste. Dann ging’s auf die Stadion-Ehrenrunde.

Genau 25 Jahre ist das heute her. Baumann lief in einem – weil taktisch geprägt – nicht besonders schnellen Rennen in 13:12,52 Minuten zum Olympiasieg über 5000 Meter. Baumann ist wenig später nach Tübingen gezogen. Er saß eine Dopingsperre ab, nachdem Nandrolon in seinem Körper gefunden wurde – Stichwort Zahnpasta. Wobei er stets seine Unschuld beteuerte. Er überwarf sich in der Folge mit dem einst ebenfalls in Tübingen lebenden früheren Spitzenfunktionär des Internationalen Leichtathletikverbands Helmut Digel. Und er steht inzwischen regelmäßig als Kabarettist auf der Bühne und läuft nur noch aus Spaß an der Freude. Das jedoch jeden Tag zwölf Kilometer – in der Regel über den Spitzberg auf seiner sogenannten Gelbbauchunkenteich-Runde.

Als nun das TAGBLATT Baumann nach einem Interview fragte anlässlich des Jahrestags seines Olympiasieges, wollte er eigentlich nicht. Er möchte das Ereignis nicht überhöht sehen, sagt er. Letztlich ließ er sich doch überreden.

Herausgekommen ist ein Gespräch nicht über den Olympialauf selbst und Baumanns Erinnerungen an diesen Abend. Und auch nicht über die anschließende Siegesfeier. Denn diese Geschichten sind tatsächlich zu genüge erzählt. Stattdessen sprachen wir mit Baumann über die Auswirkungen seines Olympiasiegs, was die Doping-Affäre mit ihm gemacht hat und was er mit den Erinnerungsstücken von damals angestellt hat.

Baumann will von 1992 – zumindest in der Öffentlichkeit – nicht mehr viel wissen. Das ist sein gutes Recht. Doch wenn Sie den Lauf noch mal erleben möchten, dann setzen Sie sich doch heute Abend einfach vor der Tagesschau ein paar Minuten früher vor Ihren internetfähigen Fernseher oder Ihren Computer und schauen Sie sich den Lauf noch mal auf Youtube an – oder zumindest die letzten Minuten. Gänsehaut garantiert.