ATP Finals

Gipfeltreffen mit dem Giganten

Alexander Zverev trifft bei der Tennis-WM in London auf Roger Federer.

09.11.2017

Von JÖRG ALLMEROTH

Nummer drei der Weltrangliste: Alexander Zverev. Foto: dpa

Nummer drei der Weltrangliste: Alexander Zverev. Foto: dpa

London. Als Alexander Zverev Ende September in Prag beim Laver Cup im Einsatz war, hatte er den großen Champion buchstäblich hinter sich. Wenn Zverev auf dem Centre Court spielte, tauchte ein gewisser Roger Federer (36) zuweilen auf der Rückseite der Spielerbank auf und flüsterte dem Deutschen ein paar nützliche Tipps ins Ohr. „Komplett irre“ sei das gewesen, erinnert sich der 20-jährige Touraufsteiger, „es war schon ein einmaliges Erlebnis.“

Das kann man ebenfalls wörtlich nehmen, jedenfalls bisher, nach der Premiere des Showturniers. Wenn am Sonntag die ATP-WM in der Londoner O2-Arena beginnt, werden die üblichen Verhältnisse zurückkehren. Kein Teamerlebnis, kein Mannschaftsgeist, kein Coaching von Federer oder auch Rafael Nadal. Sondern das Duell Mann gegen Mann. Und frühzeitig auch schon das Duell Federer gegen Zverev. Denn bei der Auslosung für das rauschende Jahresfinale wurden Zverev und Federer am Mittwochmorgen in eine Gruppe gelost, in die sogenannte Boris Becker Group.

Neben Federer gehören noch der Kroate Marin Cilic und der Amerikaner Jack Sock zu den Gruppengegnern des Hamburgers, der pünktlich zum Showdown in der britischen Hauptstadt ein neues Ranglisten-Allzeithoch erreichte – mit Platz drei. In der Pete Sampras Group gehen der Weltranglisten-Spitzenreiter Rafael Nadal, Österreichs Ass Dominic Thiem, der Bulgare Grigor Dimitrow und der Belgier David Goffin an den Start. Diese Gruppe wird allgemein als etwas schwächer eingeschätzt, um Nadals Teilnahme ranken sich zudem Spekulationen. Der Matador aus Manacor hatte zuletzt beim Masters in Paris wegen einer Knieverletzung aufgeben müssen. Er wird die Saison in jedem Fall als Nummer 1 beenden.

Nadals Fall ist ein wenig symptomatisch für die Großwetterlage vor dem hochwertigsten aller Turniere abseits der Grand Slams. Fast alle Stars schleppen am Ende einer auszehrenden Spielzeit kleinere und größere Wehwehchen mit sich herum, auch Zverev merkte man zuletzt die Strapazen der Hetzjagd durch Zeitzonen und über Kontinente hinweg an.

Becker als Vorbild

„Die besten Chancen bei der WM hat der Spieler, der noch einmal wirklich alle Reserven mobilisieren kann, der am wenigsten erschöpft ist“, sagt Becker, einer der beiden Namenspatrone der Vorrundengruppen. Er selbst, der bald 50-jährige Altmeister, war genau darin Spezialist. WM-Tage mit Becker waren oft genug Festtage, ob nun in New York, Frankfurt oder Hannover.

Seit Beckers und Stichs Zeiten und dem starken Tennisjahr von Rainer Schüttler 2003 hat nun kein Deutscher mehr eine so imponierende Saison gespielt wie Zverev. Gleich nach Federer und Nadal hatte der Riese das Ticket für London gebucht, fünf Saisontitel (darunter zwei Masters-Siege) forcierten die Bewerbungsoffensive, sorgten für einen stabilen Top Ten-Platz.

Gegen seine Vorrundengegner hat Zverev eine positive oder zumindest ausgeglichene Bilanz: 3:1 gegen den Kroaten Cilic, seinen Auftaktrivalen am Montag. 1:1 gegen den Amerikaner Sock, der sich auf den letzten Drücker mit dem Masters-Sieg in Paris noch qualifizierte. Und 2:2 gegen Federer, dem er 2017 im Finale des Turniers von Halle unterlag. Und bei dem er sich im Spätsommer mit dem Triumph im Masters-Endspiel in Montreal vortrefflich revanchierte. „Es wird eine große Herausforderung in London. Aber auch ein großartiges Erlebnis“, sagt Zverev. Jörg Allmeroth