Bosch · Der Betriebsrat holt neutrale Berater

Gespräche über Verlängerung des Beschäftigungspakts · 220 Mio Euro sollen jährlich eingespart werden

Bosch liege an seinem Standort Reutlingen 220 Millionen Euro über der Benchmark, also dem Vergleichswert der Mitbewerber. Entsprechende Berichte, unter anderem im TAGBLATT, hat die Geschäftsleitung des Standorts am Mittwoch in einem Pressegespräch bestätigt. „Wir müssen wettbewerbsfähiger werden“, fordert Andreas Fischer, im Bereichsvorstand Automobil-Elektronik für kaufmännische Aufgaben zuständig.

14.07.2017

Von Thomas de Marco

Die Leitung des Bosch-Standorts Reutlingen steht vor schwierigen Verhandlungen mit dem Betriebsrat: (von links) Markus Schmidt, Ingrid Peters, Andreas Fischer. Bild: de Marco

Die Leitung des Bosch-Standorts Reutlingen steht vor schwierigen Verhandlungen mit dem Betriebsrat: (von links) Markus Schmidt, Ingrid Peters, Andreas Fischer. Bild: de Marco

Ende 2018 läuft die Beschäftigungsgarantie für den Bosch-Standort Reutlingen aus. „Wir haben diesen Pakt mit Leben gefüllt, 700 Millionen Euro investiert und rund 1000 Beschäftigte eingestellt“, sagt Fischer. Vor zwei Jahren hätten Gespräche begonnen, den Standort Reutlingen über 2018 hinaus zu sichern. Er erwartet dabei allerdings schwierige Verhandlungen mit der Arbeitnehmervertretung. Einen Vorgeschmack darauf gab es vor zwei Wochen, als der Betriebsrat darüber informiert wurde, dass gespart werden müsse. Dieser informierte sofort die Belegschaft und wehrte sich gegen vorgeschlagene Einsparmaßnahmen (wir berichteten). „Da hat es geknirscht“, sagt Personalchefin Ingrid Peters.

Fischer geht allerdings davon aus, dass die Diskussion über einen neuen Fünf-Jahres-Pakt zur Standortsicherung nun schnell wieder konstruktiv weitergeführt werde. Der Betriebsrat hat neutrale Berater geholt, die von der Standortleitung bereits Unterlagen erhielten. „Wir vertrauen nicht blind den Angaben der Geschäftsführung“, sagt Daniel Müller, Betriebsratsvorsitzender. „Es geht an die Grundfesten unserer Arbeitsbedingungen.“

„Unser gemeinsames Ziel ist, dass der Standort auch in fünf Jahren sicher dasteht. Aber wir müssen die Benchmark bis 2020 erreichen“, betont Fischer. „Das wird uns natürlich auch diesmal wieder gelingen.“ Ab dem 1. Januar 2019, also nach Auslaufen des bisherigen Beschäftigungspakts, solle kein Chaos ausbrechen. Es seien auch „garantiert“ nicht bis zu 2000 Arbeitsplätze gefährdet, wie es in Gewerkschaftskreisen geheißen hat.

Claudia Arnold von der Kommunikationszentrale am Bosch-Hauptsitz Stuttgart ist ebenfalls zuversichtlich, dass eine Einigung getroffen werden kann. Befürchtungen der Gewerkschaft, der Konzern müsse vielleicht auch deshalb in Reutlingen einsparen, um mögliche Folgen des Abgas-Skandals finanziell ausgleichen zu können, kann sie nicht nachvollziehen: „Was hier am Standort Reutlingen diskutiert wird, hat damit überhaupt gar nichts zu tun“, betont Arnold.

In Reutlingen ist das Leitwerk des Konzerns für den Bereich Automotive Electronics (AE) angesiedelt. Vergangenes Jahr sei weltweit ein Rekordumsatz von 73 Milliarden Euro mit Automobil-Elektronik umgesetzt worden (plus 5,5 Prozent), erklärt Markus Schmidt, zuständig für Märkte und strategische Ausrichtung. Zahlen für Reutlingen nannte er nicht. Bosch stehe im AE-Bereich vor der größten Transformation seiner Geschichte: Veränderung der urbanen Mobilität, technologischer Wandel in der Industrie, künstliche Intelligenz – „die Lebenswelt wird sich durch Vernetzung positiv ändern.“ Bosch wolle mitgestalten und nicht getrieben werden. Die Veränderungen in der Autoindustrie seien für Bosch Chancen und Risiken zugleich. „Wir sind auf jeden Fall robust aufgestellt“, sagt Schmidt.

Bosch investiert 140 Millionen Euro in Reutlingen

8300 Menschensind inklusive Auszubildende derzeit bei Bosch in Reutlingen beschäftigt, darunter etwa 400 befristet Angestellte. In diesem Jahr investiert Bosch rund 140 Millionen Euro in Reutlingen (Vorjahr 220 Millionen). Schwerpunkte sind der Sensor- und Halbleiterbereich, Automobil-Steuergeräte und Entwicklung. „Das würden wir nicht tun, wenn wir nicht an den Standort hier glauben“, sagt Andreas Fischer, im Bereichsvorstand für Finanzen zuständig. 80 Prozent des Umsatzes in Reutlingen wird nach wie vor mit der Automobil-Elektronik gemacht, 20 Prozent mit neuen Geschäftsfeldern wie E-Bikes. Das Werk in Kusterdingen wird derzeit ausgebaut, Anfang des Jahres wurde die Kantine fertiggestellt.

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Erstellt:
14.07.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 31sec
zuletzt aktualisiert: 14.07.2017, 01:00 Uhr

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