Final Portrait

Final Portrait

Geoffrey Rush spielt den Maler und Bildhauer Alberto Giacometti als verschrobenen Exzentriker.

09.06.2017

Von Dorothee Hermann

Final Portrait

Amerikaner in Paris sind ein dankbares Motiv des Kulturvergleichs zwischen der Alten und der Neuen Welt. 1964 sind die glorreichen Zeiten von Henry James, Gertrude Stein oder Ernest Hemingway zwar gründlich vorbei, und der Schriftsteller James Lord (Armie Hammer) ist ein eher elegant-unauffälliger Nachfahre.

Zwei Jahre vor dem Tod des berühmten Bildhauers und Malers Alberto Giacometti (Geoffrey Rush) weilt der junge New Yorker an der Seine. James, wie er im Film von US-Regisseur Stanley Tucci stets genannt wird, hat so außerordentlich gute Manieren, dass er ebenso gut als waschechter Engländer durchgehen könnte.

Die vollendeten Umgangsformen braucht er auch, um in den unberechenbaren Sitzungen als Modell des Star-Künstlers zu bestehen, der als grauhaarig-zerzaustes Enfant terrible sein Atelier dominiert. Giacometti geht so unduldsam zur Sache, dass man kaum glauben kann, dass er dem Jüngeren angeboten hat, von ihm ein Porträt zu malen.

Doch bald stellt sich die Frage, wer hier wen beobachtet: Stellt der Künstler das Modell auf die Probe, wenn er von der Unabschließbarkeit jedes Kunstwerks schwadroniert? Oder sammelt der Schriftsteller Lord mit Engelsgeduld seinerseits Material für ein Giacometti-Porträt, das wenig später in Buchform herauskommen wird?

Der junge Amerikaner wird zum Zaungast eines turbulenten Künstler-Haushalts samt Ehefrau (Sylvie Testud als Annette) und Geliebter (Clémence Poésy spielt die blonde Prostituierte Caroline). Sie soll die Obsession der letzten Jahre des Künstlers gewesen sein und zeigt auf der Leinwand eine ähnlich impulsive Natur wie der Film-Giacometti selbst.

Der zeitliche Abstand des Geschehens wird auch durch die Farbgebung der Bilder angedeutet. Sie wirken verwaschen und spätherbstlich ausgebleicht, als wären sie monochrom und dann nachkoloriert. Zwischendurch nehmen ein Gang über den Friedhof Père Lachaise oder ein Glas Rotwein im Bistro Spannung aus dem dynamischen Beziehungsgeflecht mit Zuschauer aus Übersee.

Aparter neuer Blickwinkel auf die Beziehung zwischen einem berühmten Künstler und seinem (männlichen) Modell.

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Erstellt:
09.06.2017, 10:36 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 58sec
zuletzt aktualisiert: 09.06.2017, 10:36 Uhr

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Dirk Jakobi 05.08.201722:08 Uhr

Giacometti als saufender, dauergeiler, miesepetriger Exzentrikclown, der doch irgendwie ganz knuffig wirken soll. Figuren, die in der dutzendfachen Wiederholung der immergleichen Szene keine Chance haben, sich zu entwickeln. Ein Drehbuch, das sich darauf verlegt, trivialste Paris-Postkarten zu zeigen. Banales und langweiliges Pseudo-Porträt, Power Rangers für Bildungsbürger.

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