Aschermittwochsspeise bei den Leuten geholt

Felldorf pflegt den Brauch des Eiersammelns schon länger, als es die örtliche Zunft gibt / Am Mittwo

Seit vierzig Jahren gibt es die Narrenzunft „Klammhoka“ in Felldorf. Noch etwas länger hat das Eiersammeln dort Tradition. Etwa 400 Eier sammeln die Narren jedes Jahr – Grundlage für einen schmackhaften Abschluss der Fasnet.

09.02.2016

Von Michael Frammelsberger

Ganz im Geheimen dient das Eiersammeln in Felldorf vielleicht noch einem anderen Zweck. Bild: Frammelsberger

Ganz im Geheimen dient das Eiersammeln in Felldorf vielleicht noch einem anderen Zweck. Bild: Frammelsberger

Felldorf. Neun Uhr morgens ist am Rosenmontag eine sportliche Zeit, umso mehr, wenn man wie die „Klammhoka“ tags zuvor einen Umzug und einen närrischen Abend gemeistert hat. Deshalb waren einige Gesichter ein wenig müde und verkatert, als sich 15 Narren am Bürgerhaus zum Abmarsch sammelten. Dass die großen Rosenmontagsumzüge im Rheinland wegen Sturmgefahr abgesagt worden waren, ist auch in Felldorf ein Thema. Der Vorschlag, dass die Einwohner die Eier einfach direkt zum „Hirsch“ bringen und man dort auf sie wartet, kann sich in der Gruppe aber nicht durchsetzen.

„Keine Angst, es werden noch mehr“, sagt Zunftmeister Markus Walter zur Teamstärke. Sie fingen immer klein an. Doch Eiersammeln sei eine große Sache: „Der ganze Ort ist voll dabei“. Während einige Kollegen zum Aufräumen zurückbleiben, geht es zu den Klängen der Blechquäler los. Walter behält recht: Die Musik lockt nicht nur Zuschauer, sondern noch den einen oder anderen Narren an.

Unterwegs klingeln die Klammhoka an jedem Haus im Dorf, außer Eiern bekommen sie manchmal auch Süßigkeiten oder Geld. „Ich finde das gut, das ist eine schöne alte Tradition“, sagt eine ältere Anwohnerin. Ein Bürger gibt den Sammlern gleich neun volle Eierkartons mit. So sind die Leiterwagen schnell gefüllt.

Unterwegs sind zwei Geburtstagsständchen fällig. Die Beglückwünschten revanchieren sich mit einem Schnaps. Manche Leute haben Verpflegungsstände aufgebaut. Traudel Berwanger ist so eine. Sie versorgt die Eiersammler seit 14 Jahren mit Kaffee, Schnaps und Selbstgebackenem. „Das macht Spaß. Ich möchte diese Tradition gern erhalten“, sagt sie. Am liebsten tränken die Narren Kaffee, sagt Berwanger und bekommt einen Zwinkerreflex.

Noch nicht alle Felldorfer kennen das Eiersammeln. Hermann Zazty schaut verdutzt, als die Gruppe bei ihm klingelt. Er wohne schon länger im Dorf, sagt er, aber vom Eiersammeln habe er bisher nichts mitbekommen. Was machen die Narren mit so viel Eiern, will er wissen.

Bärbel Haussmann, seit Gründung bei den „Klammhoka“ dabei, erzählt, der frühere Klammhoka-Vorstand habe das Eiersammeln eingeführt, bevor es die Zunft gab. Damals hatte noch fast Jeder im Flecken Hühner. Eier boten sich also zur närrischen Speisung an.

„Früher haben wir die Eier direkt nach dem Sammeln gebraten“, erzählt Haussmann. Es habe sich aber gezeigt, dass das anstrengende Sammeln und der eine oder andere Trinkstopp die närrischen Kochkünste nicht beflügelt. Deshalb gibt es nun jeden Fasnachtsdienstag ein großes Eieressen vor der Fasnetsverbrennung. Die Eier werden dann mit Wurst gebraten. dafür haben die Narren extra eine große Paellapfanne samt Gasgrill. „Das ist dann ein schöner Fasnetsausklang“ sagt Markus Walter.

Eier als Gaben heischen

Das Gabenheischen ist in der

alemannischen Fasnet seit dem 15. Jahrhundert überliefert. Anfangs

forderten arme Menschen milde Gaben von der Oberschicht, später setzte sich der Brauch in allen Bevölkerungsgruppen durch. Weil es in der Fastenzeit verpönt war, Fleisch oder andere tierische

Produkte zu essen, wurden alle tierischen Vorräten in der Fasnetszeit verbraucht. Es entwickelten sich verschiedene lokale Fasnetsgaben, etwa in Schmalz

gebackene Küchlein. Eier gehören dazu.

Zum Artikel

Erstellt:
09.02.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 31sec
zuletzt aktualisiert: 09.02.2016, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Prost Mahlzeit
Sie interessieren sich für gutes und gesundes Essen und Trinken in den Regionen Neckar-Alb und Nordschwarzwald? Sie wollen immer über regionale Gastronomie und lokale Produzenten informiert sein? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Prost Mahlzeit!