Mussten Ratten unnötig leiden?

Externer Gutachter soll Aussage eines MPI-Versuchsleiters prüfen

Das Max Planck Institut für biologische Kybernetik hat Hinweise auf Falschinformationen durch einen Versuchsleiter zu den Vorwürfen einer ehemaligen Praktikantin.

22.02.2017

Von Hans-Jörg Schweizer

Laborratte. Symbolbild: Farinoza - Fotolia.com

Laborratte. Symbolbild: Farinoza - Fotolia.com

Beim Tübinger Max Planck Institut für biologische Kybernetik (MPI) gibt es Hinweise, dass ein ehemaliger Tierversuchsleiter zu Vorwürfen des Vereins Soko Tierschutz nicht die Wahrheit gesagt haben könnte. Das bestätigte MPI-Pressesprecherin Beate Fülle am Mittwoch.

Man nehme die Vorwürfe einer jungen Studentin, die vor knapp vier Jahren am MPI beschäftigt war, sehr ernst, so Fülle auf TAGBLATT-Nachfrage. Der Verein „Soko Tierschutz“ hatte am Montag Anzeige gegen drei MPI-Mitarbeiter erstattet. Vorwurf: Das MPI soll eine unzureichend ausgebildete und ungenügend betreute Praktikantin mit schwierigen Versuchen an lebenden Ratten beauftragt haben. Dadurch sei den Tieren unnötig Schmerz und Leiden zugefügt worden.

Die Vorwürfe seien Mitte Dezember 2016 erstmals von Tierschützern an das Tübinger MPI herangetragen worden, berichtet Fülle. Daraufhin sei die Tierschutzbeauftrage des Instituts informiert worden. Den Versuchsleiter, der aber seit einem guten Jahr nicht mehr am MPI tätig sei, habe man deshalb um eine Stellungnahme gebeten. Seinen Angaben zufolge hatte es sich bei dem von den Tierschützern genannten Vorgang um eine Gewebeentnahme an toten Ratten gehandelt, so das MPI. Dann hätte auch kein Fehlverhalten vorgelegen. Laut Soko Tierschutz sollen Ratten bei den Versuchen nicht hinreichend betäubt gewesen sein. Eines der Tiere soll laut zitierten Aussagen der ehemaligen MPI-Praktikantin bei lebendigem Leib mit Stromstößen verschmort worden sein.

Die Soko Tierschutz hatte außerdem gemeldet, „sogar aus Kreisen des MPIs“ sei eine Anzeige bei der Behörde eingegangen. Laut MPI hat die Tierschutzbeauftragte den Sachverhalt zwar im Dezember einschließlich Stellungnahme dem Regierungspräsidium Tübingen (RP) schriftlich mitgeteilt, was RP-Pressesprecher Dr. Daniel Hahn bestätigt. Eine förmliche Anzeige habe aber lediglich Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz beim RP eingereicht. Diese habe das RP „zuständigkeitshalber an die Tübinger Staatsanwaltschaft abgegeben, da der Verdacht eines tierschutzrechtlichen Straftatbestands nicht sicher ausgeschlossen werden konnte“.

Michael Pfohl, der Leiter der Tübinger Staatsanwaltschaft, bestätigt, dass die Information vom RP am 27. Dezember 2016 bei seiner Behörde eingegangen sei. Bei Rücksprachen mit dem RP im Januar sei dann angekündigt worden, die Soko Tierschutz werde selbst Anzeige bei der Staatsanwaltschaft einreichen. „Das wollten wir abwarten“, sagte Pfohl am Mittwoch auf Nachfrage.

Beim MPI soll nun ein externer Sachverständiger mit der Klärung des Vorgangs betraut werden. Beate Fülle hofft, dass die Münchner Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft so bald wie möglich einen geeigneten Gutachter findet und nach Tübingen entsendet. Sollte sich bei dessen Prüfung der Verdacht der Falschaussage des Versuchsleiters bestätigen, behalte sich die Max-Planck-Gesellschaft selbst vor, entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten.