Film und Buch über Heiler jenseits der Schulmedizin

Es kommen vielmals arme Leute

100 Zuschauer strömten zur Preview von „Die Gabe zu heilen“ ins Arsenal.

28.02.2017

Von Dorothee Hermann

Autorin Annette Maria Rieger gestern im Kino Arsenal. Bild: Haas

Autorin Annette Maria Rieger gestern im Kino Arsenal. Bild: Haas

„Die Gabe zu heilen“ gibt es doppelt: einmal als Buch mit zwölf Porträts (mit Fotos) von Annette Maria Rieger und Andreas Geiger und einmal als Dokumentarfilm von Geiger, der sich auf fünf der zwölf Heiler/innen konzentriert. Die Preview im Tübinger Kino Arsenal am Sonntagvormittag war ausverkauft.

„Andreas Geiger hat mir seit Jahren erzählt, dass er sich für Lebensreformthemen interessiert, für Menschen, die an der Kante stehen, für Menschen mit einer besonderen Gabe“, sagte Rieger im gedrängt vollen Arsenal-Kinosaal. „Er hatte ungefähr 30 Heiler gecastet.“

Die gelernte Journalistin und Pressefrau für den Tübinger Verlag Klöpfer & Meyer schnappte sich ein Tonband und fuhr los, durch die Bundesrepublik, nach Österreich und in die Schweiz. „Ich bin sehr offen empfangen worden“, sagte sie.

Vorab hatte sie ihre Vorbehalte, auch Ängste, gestand sie den Zuhörern. „Kann der jetzt meine Gedanken lesen?“, grübelte sie vor einem ganz bestimmten Besuch in Heidelberg. Ob der Unternehmensberater, der als Heiler in der Geschäftswelt unterwegs ist, womöglich alle ihre Schwächen und Unsicherheiten erkennen könnte.

Rieger kommt aus dem Schwarzwald. „Als Kinder sind wir mit den alten Weibern in die Heidelbeeren gegangen.“ Die Alten waren schwarz gekleidet und trugen Kopftücher. Außerdem gab es in jedem Dorf die „Fleckadote“, die gewisse heilkundliche Kenntnisse hatte und nicht jeden in ihr Haus ließ. „Dieses Schwarzwaldmystische, wenn man als Kind damit aufwächst, nimmt man das als gegeben hin“, sagte die Autorin.

„Wenn die Seele ins Ungleichgewicht fällt, gibt es ein Symptom im Körper“, sagte der Ludwigsburger Heiler Stephan Dalley als Preview-Gast. Dann bemühe er sich, „wieder in die Mitte zu kommen“. Als Dalley vier Jahre alt war, starb sein Vater. „Danach konnte ich ihn sehen und mit ihm reden.“ Deshalb sei früh klar gewesen, dass bei ihm „etwas anders war“, sagte der 52-Jährige, der sein weißes Haar priesterlich lang trägt. „Wie lange hält so eine Heilung?“ fragte ihn Rieger. „Wie lange hättsch gern?“ konterte Dalley.

Der Film beginnt mit einem alten Mann im Garten seines Hauses. Es ist der 79-jährige Vorarlberger Bauer Robert Baldauf, der als 20-Jähriger „Probleme mit dem Magen“ hatte und für sich selbst Kräuter suchte: Minze, Brennnessel und Gänseblümchen. Aus der Mixtur entwickelte Baldauf eine eigene Medizin, „die ist europaweit gefragt“. Doch vor allem betet er mit den Hilfesuchenden, die sich an ihn wenden. „Ich verlange nichts“, sagt er. „Das schätzen die Leute auch. Es kommen ja vielmals arme Leute.“

Die 54-jährige Ojuna Altangerel ist „Ärztin und schamanische Heilerin“ in der Schweiz. Im Film kommt ein dicker Junge (mit seinen Eltern) in ihre Praxis, der schon drei Mal wegen eines Tumors hinter dem Auge operiert wurde. Mit großem psychologischem Geschick findet Altangerel heraus, wie sehr es den Jungen belastet, dass auch sein älterer Bruder chronisch krank ist.

Durchgängig untertitelt, ist der Film auch für Gehörlose verständlich und für Leute, die nicht allen regionalen Ausprägungen der deutschen Sprache folgen können.

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Erstellt:
28.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 32sec
zuletzt aktualisiert: 28.02.2017, 01:00 Uhr

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