Gedenkpfad

Eine Tafel am ehemaligen Lager

Dort, wo heute ein Sportheim steht, war vor 73 Jahren das KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen. Daran erinnert nun eine Informationstafel.

17.10.2017

Von Martin Zimmermann

Heute ein Parkplatz, vor 73 Jahren ein Appellplatz, auf dem Zwangsarbeiter und KZ-Gefangene antreten mussten und gequält wurden. Am Samstag kamen rund 30 Leute zur Einweihung einer Gedenktafel am Tailfinger Sportgelände.Bilder: Zimmermann

Heute ein Parkplatz, vor 73 Jahren ein Appellplatz, auf dem Zwangsarbeiter und KZ-Gefangene antreten mussten und gequält wurden. Am Samstag kamen rund 30 Leute zur Einweihung einer Gedenktafel am Tailfinger Sportgelände.Bilder: Zimmermann

Der TSV Tailfingen hatte sich lange gegen eine KZ-Gedenktafel am heutigen Sportgelände gesträubt. Doch seit Samstag steht nun eine solche Tafel am eigentlichen Standort des KZ-Außenlagers Hailfingen-Tailfingen.

Denn wo heute das Sportheim steht, war einst der Appellplatz des Konzentrationslagers. Daneben war die Baracke, die etwa doppelt so groß wie das heutige Vereinsheim war. Dort hatten die Nazis im Herbst 1944 etwa 350 griechische Zwangsarbeiter inhaftiert. Anschließend, im Winter 1944/45 mussten dort 601 jüdische Häftlinge ohne angemessene Heizung und Kleidung die Nächte verbringen. Die Baracke war
der Hangar des früheren Nachtjäger-Flugfeldes an der Gemarkungsgrenze zwischen Hailfingen und Tailfingen.

„Im Vorstand des Vereins, auf dessen Pachtgelände die Tafel angebracht werden soll, gab es unterschiedliche Vorstellungen. Da tut sich ein Bürgermeister schwer, das gegen den Willen des Vereins durchzudrücken“, sagte Gäufeldens Bürgermeister Johannes Buchter zu dem jahrelangen Streit um die Gedenktafel. Er sei deshalb froh, dass nun eine einvernehmliche Lösung gefunden sei.

Die Tafel ist Teil des neuen Gedenkpfades quer über das ehemalige KZ-Gelände bis hin zum Reustener Steinbruch. Die Tafeln enthalten neben den wichtigsten schriftlichen Informationen auch so genannte QR-Codes. Diese quadratischen Muster kann man mit dem Smartphone abfotografieren und damit Hör-Dateien abrufen. Dann hört man die Stimmen von überlebenden KZ-Häftlinge wie Mordechai Ciechanower, Sam Baron und Israel Arbeiter, die die Geschehnisse im Winter 1944/45 erläutern.

Angebracht sind die Metalltafeln mit Folienbeschichtung auf alten Eisenbahnschienen, als Erinnerung daran, dass damals auch Schienen zum Lager führten. „Ich sehe keinen Widerspruch zwischen Gedenken und Sport“,
sagte Johannes Kuhn, der die Tafeln gestaltet hat.

Die zweite Station des Gedenkpfades weihte Rottenburgs Baubürgermeister Thomas Weigel am ehemaligen Flugplatz auf Hailfinger Gemarkung ein. Er sagte, die Gedenkstätte sei besonders wichtig „in Zeiten, in denen sich in Deutschland und Europa ein Rechtsruck abzeichnet“. Ohne den AfD-Politiker Björn Höcke namentlich zu nennen, griff Weigel dessen Formulierung „Mahnmal der Schande“ (über das Holocaust-Mahnmal in Berlin) auf: „Eine Schande wäre es, wenn wir aufhören würden, uns mit diesen Themen zu beschäftigen.“

Die Einweihung der neuen Tafeln fand im Rahmen einer größeren Tagung in der Tailfinger Bürgerhalle statt. Der Gedenkstätten-Verbund Gäu-Neckar-Alb hatte eingeladen. Unter den mehr als 50 Teilnehmern waren auch Ehrenamtliche vom Arbeitskreis „Wüste“ Balingen und vom Gedenkkreis Synagoge Haigerloch. Sie diskutierten mit mehreren Referentenaus ganz Deutschland über die Zukunft der Gedenkstättenarbeit.

Der Rottenburger Baubürgermeister Thomas Weigel vor der zweiten Tafel.

Der Rottenburger Baubürgermeister Thomas Weigel vor der zweiten Tafel.

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Erstellt:
17.10.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 12sec
zuletzt aktualisiert: 17.10.2017, 01:00 Uhr

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