Über den Abschied von Rainer Buck

Ein streitbarer Querdenker verlässt den Gemeinderat

Diesen Wunsch von Rainer Buck, 60, der gestern nach fast 33 Jahren aus dem Reutlinger Gemeinderat ausgeschieden ist und nur um wenige Worte dazu gebeten hatte, den konnte OB Barbara Bosch beim besten Willen nicht erfüllen.

26.07.2017

Von Thomas de Marco

Eine Goldmedaille von OB Barbara Bosch für Rainer Buck.Bild: de Marco

Eine Goldmedaille von OB Barbara Bosch für Rainer Buck.Bild: de Marco

„Sie waren ein ungemein fleißiger, disziplinierter Stadtrat, der sich immer gut vorbereitet hat“, würdigte die OB den ausscheidenden Sprecher der Grünen-Fraktion. Anfangs noch belächelt, habe er sich Respekt erkämpft und dazu beigetragen, dass grüne Themen allgemein anerkannt wurden.

Auf insgesamt 11 958 Tage sei er im Gemeinderat gekommen, „ein streitbarer Querdenker, nicht zimperlich, aber einer, der sich die Achtung im Rat erarbeitet hat“, lobte Bosch. Dies sei auch bei den Kommunalwahlen honoriert worden: Bei seiner ersten Wahl 1984 hatte Buck 9300 Stimmen bekommen, 30 Jahre später waren es über 14 000. Auch wenn sich in dieser Zeit das Haar auf dem Kopf, nicht aber darunter gelichtet habe, sei Buck sich treu geblieben. Nun aber wolle er ausscheiden, so lange Politik noch Spaß macht. Der Sitz im Kreistag, den er für die Grünen behält, werde den Entzug etwas in Grenzen halten. Im Falle von Heimweh nach dem Gemeinderat sei Buck herzlich zu den Sitzungen eingeladen, erklärte die OB, bevor sie ihm die Medaille „600 Jahre bürgerschaftliches Engagement“ in Gold überreichte.

Von Rainer Löffler, dem Fraktionsvorsitzenden der zuletzt auffallend häufig mit den Grünen zusammenarbeitenden CDU, gab es Roséwein in grünem Geschenkpapier mit Sonnenblumen. Buck habe immer sehr kritisch nachgefragt, „nicht immer zur Verzückung der Verwaltung.“

Die ganz großen Sonnenblumen überreichte Gabriele Janz, die Buck als Sprecherin nachfolgt. „Kompromisse sind nicht deine Leidenschaft, aber demokratische Ergebnisse hältst du hoch“, sagte sie zum Abschied. In manchen Situationen werde sie sich an seine Worte erinnern – etwa an seine „So geht das nicht!“-Einwürfe.

Von solch entschiedenen Tönen war der scheidende Ur-Grüne gestern allerdings weit entfernt: Den ganzen Tag über hatte er mit weichen Knien und Wehmut gekämpft – bei seiner Rede machte die Wucht des Abschieds dann die Stimme brüchig. „Ich freue mich letztlich darüber, dass grüne Themen verstärkt Rückhalt gefunden haben und dass mittlerweile auch die CDU das Radfahren entdeckt hat“, sagte Buck schwer gerührt.

1984 habe ihn jemand gewarnt, im Gemeinderat lerne er nichts. „Das stimmt aber nicht“, betonte der scheidende Fraktionssprecher und verwies auf die demokratische Meinungsbildung sowie die Achtung abweichender Ansichten. Vor allem in der Verkehrspolitik müsse nun umgedacht werden, mahnte Buck – und das klang fast wie sein Vermächtnis. Keine Frage: Der Mann mit dem langen Bart hat diesen Gemeinderat lange Zeit stark mitgeprägt – und wird diesem nun als kritischer und hartnäckig nachfragender Geist ganz sicher fehlen.

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Erstellt:
26.07.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 16sec
zuletzt aktualisiert: 26.07.2017, 01:00 Uhr

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