Fußball-EM

Ein Poet als Elfmeter-Killer

Torhüter Julian Pollersbeck erlebt mit der deutschen U 21 sein Sommermärchen. Der Zweitliga-Schlussmann ebnet den Weg ins Finale und glänzt als Sänger in der Kabine.

29.06.2017

Von SID

Herausragender Spieler des Abends: Zu Beginn der Partie bewahrte Torhüter Julian Pollersbeck den deutschen Nachwuchs mit einigen Glanzparaden vor dem Rückstand, im Elfmeterschießen wurde er zum Held. Foto: dpa

Herausragender Spieler des Abends: Zu Beginn der Partie bewahrte Torhüter Julian Pollersbeck den deutschen Nachwuchs mit einigen Glanzparaden vor dem Rückstand, im Elfmeterschießen wurde er zum Held. Foto: dpa

Julian Pollersbeck brüllte nach dem Einzug ins EM-Finale durch die gesamte Umkleide. Vor Freude über seine gehaltenen Elfmeter, vor allem aber, um sein längst zum Kult gewordenes „Fiderallala“-Lied zum Besten zu geben. „Da brennt die Kabine. Dieses Ritual begleitet uns durch das gesamte Turnier“, sagte Stürmer Davie Selke über die Sangeskünste des Torhüters, der bei der U-21-EM in Polen derzeit ein Sommermärchen erlebt.

Noch vor zwei Wochen war Pollersbeck ein eher mäßig bekannter Zweitliga-Schlussmann, morgen (20.45 Uhr/ZDF) kann er im Finale gegen Spanien plötzlich Europameister werden. Sein eigener Anteil an dieser Geschichte ist enorm. Im Elfmeterschießen gegen England parierte der 22-Jährige zweimal, verschwand anschließend in einer wilden Jubeltraube und wurde schließlich von Trainer Stefan Kuntz lange und innig umarmt. „Für solche Spiele, für solche Momente spielen wir Fußball. Einfach geil“, sagte Pollersbeck, der zur kommenden Saison vom 1. FC Kaiserslautern zum Hamburger SV wechselt. Gegen England half ihm auch ein Spickzettel von Torwarttrainer Klaus Thomforde, den er im Stutzen versteckt hatte. Als Held sieht sich der Elfmeter-Killer dennoch nicht. „Klar, ich habe den letzten Elfmeter gehalten. Aber den größeren Druck hatten die Jungs, die schießen mussten“, sagte er gewohnt bescheiden.

Dabei kann Pollersbeck ein echter Lautsprecher sein, vor allem als Sänger. Lange wurde gerätselt, was genau das DFB-Team in der Kabine singt, nach dem England-Spiel herrscht Klarheit. Pollersbeck gibt, wie in dem Kinderlied über die Vogelhochzeit, selbst erdachte Zweizeiler zum Besten. Das gesamte Team antwortet dann brüllend: „Fiderallala, fiderallala, fiderallalalala“. Bis Pollersbeck irgendwann nichts mehr einfällt.

Die neueste Strophe handelt von zweiten Helden des England-Spiels. „Der Felix Platte schoss ein Tor – und darum singen wir im Chor“, so verriet es Pollersbeck. Der Schalker Platte war nach der Pause für den angeschlagenen Selke gekommen und hatte gleich bei seinem U-21-Debüt nach nur sieben Minuten das 2:2 erzielt. „Das ist das, wovon man träumt“, sagte Platte.

Mann des Abends war dennoch Pollersbeck. Jener Mann also, der im ersten EM-Spiel gegen Tschechien (2:0) zweimal böse patzte und anschließend dreimal in Folge eine Topleistung zeigte. Er habe „Miraculix angerufen und einen Zaubertrank gemixt“, sagte der Torhüter zu seiner Steigerung. Ein typischer Spruch, dem Mann aus dem bayerischen Altötting sitzt gern einmal der Schalk im Nacken. Dabei hatte Pollersbeck den Kampf um die Nummer eins nur knapp gegen Marvin Schwäbe gewonnen. Nun fehlt dem Sommermärchen noch das gereimte Happy End. Oder wie es Julian Pollersbeck ausdrückte: „Alles schön und gut. Aber noch haben wir nichts gewonnen.“ sid

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Erstellt:
29.06.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 19sec
zuletzt aktualisiert: 29.06.2017, 06:00 Uhr

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