Tief religiöser Wettstreit

Ein Dokumentarfilm im Rottenburger Waldhornkino berichtet von einem Wettbewerb christlicher Chöre in

Bereits seit 1964 gibt es jährlich einen Chorwettbewerb im ostafrikanischen Tansania. Das Besondere: Die etwa 1500 Chöre aus dem ganzen Land müssen dabei zwei Lieder vortragen, eines davon ist stets ein Lied von Martin Luther. Denn der Wettbewerb wird von der evangelisch-lutherischen Kirche organisiert.

29.07.2017

Von Werner Bauknecht

Die Regisseurin Julia Irene Peters drehte einen Film darüber und begleitete drei der teilnehmenden Chöre von den Proben bis zum Vorsingen beim Wettbewerb. Sie drehte etwa fünf Wochen im Land. Am Donnerstag zeigte das Waldhornkino den Film in Kooperation mit der Rottenburger Musikschule den Film vor etwa 80 Besuchern.

Die Regisseurin war am Donnerstag anwesend, und beantwortete nach der Vorstellung Fragen von Musikschuldirektor Karlheinz Heiss. Dabei erzählte sie auch, wie sie auf die drei vorgestellten Chöre stieß. Als sie 2005 das erste Mal in Tansania war, lernte sie den Chor Neema kennen, 2012 wurde sie auf den Jugendchor Kanaani aufmerksam und der dritte Chor sei ihr vorgestellt worden.

Peters Film verbindet die Lebensumstände der Sängerinnen und Sänger mit den Proben, den Gesängen und den mitreißenden Präsentationen der Chöre. Alle drei überbieten sich geradezu darin, mit ihren Stimmen und ihren Bewegungen die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Dass es ihnen gelingt liegt auch daran, dass die Regisseurin sie perfekt in Szene setzt. Da tanzen und singen sie einmal auf einem abgeernteten Kornfeld vor dem Sonnenuntergang oder mit dem schneebedeckten Kilimandscharo im Hintergrund.

Der Film zeigt mit den Chören auch unterschiedliche soziale Milieus. Neben dem Jugendchor Kanaani besteht der Neema-Chor aus Bauern, während die Mitglieder von Cantate eher aus der Mittelschicht kommen. Stellvertretend für jeden Chor beschreibt Peters typische Protagonisten. So nimmt der Zuschauer am Leben der Kleinbauern Martha und Simon teil. Sie zeigt, wie sie Ziegen aufs Feld treiben, sich ums Schulgeld für die Kinder kümmern und wie sie zwei weitere Kinder zu ihren bisher fünf aufnehmen.

Für den Jugendchor begleitete sie drei der Sänger in deren Tonstudio. Diesen merkt man am meisten an, dass ein Sieg beim Wettbewerb wichtig ist. Nur einer, Nuru, sagt, „wir wollen doch hauptsächlich Gott mit unserem Gesang ehren.“ „Ja“, sagt sein Freund Kelvin, „aber gewinnen wollen wir auch.“ Das Ehepaar Maria und Evarets betreibt eine Autowerkstatt. Sie beschäftigen Menschen aus der Nachbarschaft. „Mittelstand ist, wenn du alles bezahlen kannst“, sagt Evarets.

Doch der Film „Sing it loud – Luthers Erben in Tansania“ ist auch ein hinreißender Musikfilm. Die Musik packt einen, spätestens dann, wenn man in die glücklichen Gesichter der Menschen schaut. Und gesungen wird überall. Da besucht Nuru vom Jugendchor seinen Freund Kelvin, der gerade in seinem Studio komponiert. Er klinkt sich sofort ein und übernimmt den Gesangspart.

Was der Film zeigt, und was auch Peters bestätigt: Die Menschen in Tansania sind tief religiös. „Wer nicht glaubt, wird von den anderen bedauert.“ Rührend zum Schluss, wie die Chöre nervös auf ihren Einsatz beim Wettbewerb warten. Und wie die Spannung sich dann löst und alle einen überzeugenden Auftritt hinlegen. Doch nur einer von ihnen gewinnt auch tatsächlich einen Preis.

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Erstellt:
29.07.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 28sec
zuletzt aktualisiert: 29.07.2017, 01:00 Uhr

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