Wolf, Sklave, verwirrter Greis

Drei Oscar-Anwärter kann man jetzt in Tübingen begutachten

Die Oscar-Saison ist eröffnet. Am Donnerstag wurden in Los Angeles die Nominierungen für den begehrtesten Filmpreis der Welt bekannt gegeben. Drei der heißesten Favoriten starten dieses Wochenende auch in Tübingen.

18.01.2014

Von tol

In Martin Scorseses aufgekratzem Drei-Stunden-Drama The Wolf Of Wall Street (fünf Nominierungen) spielt Leonardo DiCaprio den größenwahnsinnigen Börsenhai Jordan Belfort. In den achtziger Jahren formte das Jüngelchen aus einem Haufen Prolls und Nerds eine skrupellose Abzocker-Truppe, die mit zunächst dubiosen, später offen kriminellen Methoden an der Wall Street Millionen scheffelte. Mehr als für die Mechanik des Finanzmarkts interessiert sich der Regie-Veteran jedoch für die moralischen Begleiterscheinungen: die sich selbst befeuernde Gier nach Reichtum, Luxus und einem ausschweifendem Leben. Zur Kritik.

Nach dem 1853 erschienen Tatsachen-Bericht erzählt der Brite Steve McQueen (nicht verwandt mit dem gleichnamigen Schauspieler) in 12 Years A Slave (neun Nominierungen) die Geschichte Solomon Northups. Der Afroamerikaner war ein freier Mann, lebte als angesehener Bürger und Familienvater in New York, als er 1841 von Menschenhändlern entführt, in den Süden verschleppt und in die Sklaverei gezwungen wurde. Dem Regisseur gelingt das Kunststück, ein aufwühlendes individuelles Drama im Hollywood-Stil mit einem nüchternen Einblick in das System der Sklaverei zu verknüpfen. Zur Kritik.

Die größte Überraschung der Vorrunde sind die sechs Oscar-Nominierungen für Nebraska. Die Tragikomödie handelt von einem verwirrten Greis, der aufgrund einer dubiosen Spam-Mail glaubt, Millionär zu sein. So macht er sich auf den Weg ins ferne Nebraska, um den vermeintlichen Gewinn persönlich abzuholen. "Regisseur Alexander Payne („About Schmidt“) ist ein wunderbar schräges Roadmovie gelungen - nicht zuletzt dank des Schauspielerveteranen Bruce Dern", so das Fazit unserer Kritik.



Weitere Oscar-Anwärter starten demnächst in den deutschen Kinos. In der zehnmal nominierten Gaunergroteske American Hustle (13. Februar, Trailer rechts) werden zwei aufgeflogene Trickbetrüger vom FBI gezwungen, korrupte Politiker mit getürkten Millionengeschäften zu ködern. Dallas Buyers Club (sechs Nominierungen, 6. Februar) handelt von einem homophoben Frauenaufreißer, der in den frühen achtziger Jahren an Aids erkrankt. Stephen Frears' Philomena (vier Nominierungen, 27. Februar) erzählt die Geschichte einer Frau, der in den fünfziger Jahrenin einem katholischen Heim ihr Neugeborenes weggenommen wurde. 50 Jahre später macht sie sich auf die Suche nach dem verlorenen Sohn. Die Oscars werden am 2. März in Los Angeles verliehen.