Kommentar · Fahrverbote

Dreckige Diesel und ängstliche Politiker

25.02.2017

Von Volker Rekittke schreibt einen Brief an Verkehrsminister Dobrindt

Fahrverbote dräuen in Stuttgart! In der Autohauptstadt der Republik! Wer hätte gedacht, dass es einmal soweit kommen würde. Betrügerische Autohersteller und Politiker in ihrem vorauseilenden Gehorsam haben die Stickoxid-Bombe platzen lassen. Weil unabhängige Gerichte gar nicht mehr anders können, als die Politik zum Handeln zu zwingen. Weil es selbst der wirtschaftsfreundlichen
EU-Kommission reicht.

Dicke Luft herrscht auch in Tübingen. Zwar haben Filter in Dieselfahrzeugen für einen Rückgang der Feinstaubwerte gesorgt. Doch die gesetzlichen Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) werden auch in der grünen Universitätsstadt regelmäßig überschritten. Und so bereitet das Regierungspräsidium für Tübingen nun schon die 3. und für Reutlingen gar die 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans vor.

Wird es bald auch in Tübingen Fahrverbote für Diesel-Stinker geben? Tübingens grüner OB ist strikt dagegen. Der Handel dürfe nicht leiden unter dem Versagen der Autohersteller. Die große Politik sei gefragt. Doch eben die hat grade erst, unter Federführung von Palmers grünen Parteifreunden in Stuttgart, für die dortige Fahrverbots-Premiere gesorgt.

Einen Brief an Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will Palmer jedenfalls nicht schreiben. Kaum zu glauben. Sonst ist dem
visionären Realo die Tübinger Luft doch auch nicht egal, wie seine Moped-Abwrackprämie zeigt.

Wenn der grüne Oberbürgermeister aber partout nicht schreiben will, dann schreib ich halt:

Sehr geehrter Minister Dobrindt, Stickstoffdioxid ist laut Europäischer Umweltagentur in Deutschland für mehr als 10 000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr verantwortlich – die Tendenz war zuletzt sogar leicht steigend. Deshalb läuft schon seit einiger Zeit ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erklärte unlängst: „Es führt kein Weg an Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge vorbei.“ Stuttgart hat diese Verbote jetzt auf den Weg gebracht. Das ist schlecht für alle Diesel-Fahrer, die lange der Botschaft von Industrie und Politik vertrauten, der Dieselantrieb sei besonders umweltfreundlich.

Trotzdem führt kein Weg vorbei an der Einführung einer wirksamen „Blauen Plakette“ – die nur Modelle bekommen, deren Emissionen unter Realbedingungen getestet wurden, nicht auf dem Prüfstand der Autoindustrie. Dafür sind Sie verantwortlich, gemeinsam mit ihren Länder-Kollegen.

Wer hat eigentlich die Macht im Staat: das Volk oder Volkswagen?

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Erstellt:
25.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 04sec
zuletzt aktualisiert: 25.02.2017, 01:00 Uhr

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