Lastwagen raus aus der Fußgängerzone

Die Tübinger Fußgängerzone soll frei von Fahrzeugen sein · Sonderparkplätze werden ausgewiesen

Die Fußgängerzone in Tübingens Altstadt ist längst nicht mehr das, was sie eigentlich sein soll – eben ein ausnahmslos von Fußgängern genutzter Bereich. Der Holzmarkt ist zum Parkplatz für Handwerker geworden, durch die Gassen quetschen sich Fußgänger an Lieferfahrzeugen vorbei und die Neckargasse wurde, bevor sie umgebaut wurde, gerne als praktische Abkürzung genutzt.

22.06.2017

Von Sabine Lohr

Dieses Bild soll es künftig nicht mehr geben: Der Liefer- und Handwerkerverkehr wird aus der Fußgängerzone verbannt. Archivbild: Metz

Dieses Bild soll es künftig nicht mehr geben: Der Liefer- und Handwerkerverkehr wird aus der Fußgängerzone verbannt. Archivbild: Metz

Damit soll jetzt Schluss sein: Die Verwaltung schlägt am kommenden Montag, 26. Juni, dem Planungsausschuss des Gemeinderats vor, wie die Lieferdienste und die Handwerker- und Pflegedienst-Autos aus der Fußgängerzone gebannt werden können.

Die Lieferdienste, die bisher eigentlich nur von 5 bis 10 Uhr sowie von 18 bis 20 Uhr in die Fußgängerzone fahren dürfen, dürfen das künftig nur noch von 6 bis 10 Uhr. Außerhalb dieser Zeit müssen sie auf eigens für Lieferdienste reservierten Stellplätzen parken. Wie sie ihre Pakete oder Lebensmittelkisten dann zu ihren Kunden bringen, bleibt ihnen überlassen. „Denkbar wäre die Anlieferung mit Sackkarren oder Lastenrädern“, schreibt Andreas Kerth, Leiter der Fachabteilung Verkehrsrecht, in der Vorlage. Gegenüber dem TAGBLATT sagte er: „Ich habe nichts dagegen, dass Lastenräder in der Fußgängerzone fahren dürfen.“

Als Sonderparkplätze für Lieferdienste schlägt Kerth vor: den Haagtorplatz, das Ende der Haaggasse hinterm Rathaus, die Collegiumsgasse vor der Einmündung in die Hirschgasse, die Ecke Froschgasse/Bachgasse, der Bereich vor der Kulturhalle, die Neue Straße und die Gartenstraße. Als „sensibel“ bezeichnet Kerth die Vorschläge Münzgasse, Oberes Ende Neue Straße (vor dem Holzmarkt) und die Lange Gasse auf Höhe des Wilhelmsstifts.

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Um die Durchfahrt zur Altstadt zu ermöglichen, schlägt die Verwaltung vor, die Einbahnstraße in der Hinteren Grabenstraße umzudrehen, so dass sie von der Langen Gasse her zur Schmiedtorstraße befahrbar ist. „Das würde auch viele Umwegfahrten um den Botanischen Garten überflüssig machen“, heißt es in der Vorlage.

Auch Handwerker sollen eingeschränkt werden. Sie sollen ihre Fahrzeuge nicht mehr in der Fußgängerzone und in verkehrsberuhigten Bereichen abstellen. Ausnahmen sollen lediglich für Werkstattwagen und für Notdienstfahrzeuge gemacht werden. Fahren in der Fußgängerzone dürfen sie wie die Lieferdienste nur noch zwischen 6 und 10 Uhr – und zwar zum Ein- und Ausladen. Die so genannte „Chefkarte“ wird abgeschafft. Mit dieser Karte durften bisher die Chefs von Handwerksbetrieben den ganzen Tag über in der Fußgängerzone parken.

Für die Zeit zwischen 10 und 18 Uhr brauchen Handwerker künftig eine „Grüne Parkscheibe“, mit der sie eine halbe Stunde lang in die Fußgängerzone einfahren dürfen. Mit einer kostenpflichtigen „Blauen Karte“ dürfen sie ihre Autos auf Parkplätzen abstellen, ohne dafür ein Ticket kaufen zu müssen. Auch im eingeschränkten Halteverbot dürfen sie damit parken.

Pflegedienste bekommen ebenfalls auf Antrag eine derartige Karte, dürfen dann aber nur zwei Stunden lang dort parken. In die Fußgängerzone dürfen auch sie nur noch zwischen 6 und 10 Uhr zum Ein- und Ausladen.

Anwohner, die einen Stellplatz in der Fußgängerzone haben, dürfen ihn jederzeit anfahren. Wer keinen hat, sollte seine Einkäufe möglichst vor 10 Uhr morgens oder zwischen 18 und 20 Uhr erledigen, denn nur in dieser Zeit dürfen Anwohner zum Aus- und Einladen in die Fußgängerzone fahren.

Geplant sind außerdem versenkbare Poller. Einer soll am oberen Ende der Neckargasse eingebaut werden, um die beliebte Abkürzung durch die Neckargasse zu versperren. Dafür dürfen Fahrzeuge dann von der Eberhardsbrücke her nach links in die Gasse einbiegen. Ein weiterer Poller – allerdings ein vorläufiger, mobiler, soll in der Kornhausstraße aufgestellt werden, der die Durchfahrt dort und in die Marktgasse verhindert.

Die Verwaltungsvorschläge werden am Montag im Planungsausschuss diskutiert. Er beginnt um 17 Uhr im Rathaus. Es ist der erste Tagesordnungspunkt.

Auf der Suche nach einem Umschlagplatz

Die Vorschläge der Verwaltung sind alle innerhalb von zwei bis drei Wochen nach einem Gemeinderatsbeschluss umsetzbar.

Langfristig soll aber ein „City-Logistik-Konzept“ mit einem so genannten Hub-System aufgebaut werden. Für den Hub (englisch für Mittel-, Drehpunkt) müsste eine verkehrsgünstig gelegene, innenstadtnahe, große Lagerfläche gefunden werden für Lager- und Umschlagmöglichkeiten von Waren und Paketen und Parkplätzen für Lieferdienste. Die Zustellung erfolgt dann zum Beispiel mit Transportfahrrädern.

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Erstellt:
22.06.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 22.06.2017, 01:00 Uhr

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TÜWest 22.06.201709:46 Uhr

Chapeau - ein Schritt weiter in Richtung mittelalterliche Museumsstadt und ein Grund mehr, die Innenstadt aus grundsätzlichen Erwägungen heraus zu meiden und Einkäufe übers Internet oder in benachbarten Städten mit weniger ideologischer Verbohrtheit zu erledigen. Nun müssen nur noch die Rüpelradler raus und es fehlen natürlich noch Pferdefuhrwerke. Aber die scheißen ja das Kopfsteinpflaster voll.

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