Die Taschendiebin

Die Taschendiebin

In dem historischen Erotik-Thriller von Park Chan-wook („Oldboy“) soll eine reiche Frau mit einer Intrige um ihr Vermögen gebracht werden.

31.10.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Die Taschendiebin

Der Schauplatz würde einem viktorianischen Schauerroman zur Ehre gereichen; tatsächlich befindet sich das schlossähnliche Anwesen im japanisch besetzten Korea der 1930-er Jahre. Auf dem abgelegenen Landsitz tritt die junge Einheimische Sooki (Kim Tae-ri) eine Stelle als Kammerzofe der vereinsamten japanischen Adligen Hideko (Kim Min-hee aus „Right Now, Wrong Then“) an. Doch das erweist sich schon nach wenigen Minuten als eine der vielen Täuschungen, mit denen der neue Film von Koreas Top-Regisseur Park Chan-wook („Oldboy“, „Stoker“) aufwartet.

In Wahrheit ist Sooki seit ihrer Kindheit eine professionelle Trickdiebin. Im Auftrag ihres kriminellen Ziehvaters Fujiwara soll sie nun das Terrain für einen perfiden Heiratsschwindel sondieren, mit dem der Ganove die attraktive Lady um ihr Vermögen bringen will. Tatsächlich gewinnt Sooki binnen Kurzem das Vertrauen ihrer Herrin – freilich mit der Folge, dass sich die beiden Frauen aufs Heftigste ineinander verlieben. Als wenig später der als Graf maskierte Fujiwara eintrifft, ist die aus vorgetäuschtem Begehren und echter Leidenschaft genährte Stimmung zum Zerreißen gespannt.

Doch kaum hat man sich als Zuschauer in dieser erotisch aufgeladenen Dreiecksgeschichte eingerichtet, naht schon die nächste erzählerische Finte, die das bisher Gesehene in einem gänzlich neuen Licht erscheinen lässt – und damit ist das Ende der Fahnenstange überraschender Wendungen noch längst nicht erreicht.

Als trickreichstem Thriller des Jahres dürfte der „Taschendiebin“ so schnell kein anderer Film Konkurrenz machen, doch gibt sich Regisseur Park damit keineswegs zufrieden. So bereichert er die Geschichte immer wieder mit cleveren Exkursen zu sozialen, patriarchalen, sexuellen und kolonialen Machtverhältnissen.

Highlight ist aber eindeutig das Design des Films. Mit traumwandlerischer Stilsicherheit verschmilzt Park Bildmotive aus westlicher und fernöstlicher Tradition – sozusagen von Gothic bis Geisha – zu ausgeklügelten Tableaus, an denen man sich kaum sattsehen kann und die locker über die ein oder andere Länge der fast zweieinhalb Stunden währenden Erzählung hinweghelfen.

In diesem superb ausstaffierten Labyrinth des Begehrens traut man seinen Augen besser nicht.

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Erstellt:
31.10.2016, 11:11 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 00sec
zuletzt aktualisiert: 31.10.2016, 11:11 Uhr

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Sepp 05.01.201714:54 Uhr

typisch für tübingen: kaum kommt mal ein WIRKLICH interessanter & sehenswerter film abseits vom a) gängigen mainstream und dem b) typisch verschwurbelten pseudo-intellektuell verbrämten bzw. möchtegern sozialkritisch- & politrelevanten strunzlangweiligen indie-kino in die lichtspielhäuser der uni-stadt, wird er mit a) wenigen terminen, b) ungewöhnlichen spielzeiten bedacht und fast verschämt c) in die kleinsten kinos verfrachtet. hab traurigerweise auch nichts anderes erwartet......

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