Sicherheit für Frauen: „Situation macht kriminell“

Die Stadt legt ein Konzept vor, damit sich Frauen in Tübingen sicherer fühlen

Für die Jahre 2015 und 2016 weist die Polizeiliche Kriminalstatistik jeweils 55 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Tübingen aus. Christian Hagen, stellvertretender Referatsleiter für Prävention bei der Polizeidirektion Reutlingen, relativierte diese Statistik am Montagabend im Verwaltungsausschuss des Tübinger Gemeinderats: „Die Aussagekraft hält sich in Grenzen, denn die Dunkelziffer ist sehr hoch.“

12.07.2017

Von Sabine Lohr

Symbolbild: ©agawa288 - stock.adobe.com

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Dazu kommt, dass erst seit November 2016 sexuelle Belästigung strafbar ist. Und auch da wird längst nicht alles angezeigt, was für Furore sorgt. So erstatteten zwei Frauen erst sechs Wochen nach dem „Paedfeschd“ im Epplehaus, bei dem es offenbar zu erheblichen Belästigungen gekommen war, Anzeige bei der Polizei – nachdem diese mehrfach darum gebeten hatte, dass sich Betroffene melden, damit die Vorfälle aufgeklärt werden können.

Bereits drei Monate vor diesem Fest hatte die Tübinger Liste nachgefragt, was die Verwaltung tue, damit Frauen sich sicherer fühlen können. Denn die Berichte über sexuelle Übergriffe hätten zugenommen. „Das Thema hat in den letzten Wochen erheblich an Aktualität gewonnen“, sagte Oberbürgermeister Boris Palmer im Ausschuss. Und ein Thema in diesem Zusammenhang spielt eine besondere Rolle – vor allem für Palmer: Flüchtlinge. Denn bei dem vor einer Woche Festgenommenen, dem eine versuchte und zwei vollendete Vergewaltigungen vorgeworfen werden, handelt es sich um einen Asylbewerber aus Gambia. Und auch bei dem Mann, der vor drei Wochen in Hirschau ein Mädchen hinter einen Heuhaufen gezerrt und unsittlich berührt haben soll, handelt es sich um einen Asylbewerber – er kommt aus Syrien.

Ulrike Baumgärtner (AL/Grüne) wollte es genau wissen: „Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Flüchtlingen?“ Hagen verwies auf eine Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Sie weist für das Jahr 2016 eine Verdopplung der tatverdächtigen Zuwanderer gegenüber dem Vorjahr aus. „Aber die Zuwanderung hat in den Jahren 2015 und 2016 um 490 Prozent zugenommen“, sagte Hagen. Es gebe im Moment noch keine seriöse Untersuchung über die Straffälligkeit von Zuwanderern, „weil uns noch keine validen Zahlen vorliegen“.

Palmer nannte andere Zahlen: Bundesweit habe es im Jahr 2015 33500 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gegeben, 3329 davon seien von Asylbewerbern begangen worden, also bei 10 Prozent der Fälle. „Man kann nicht fünf Jahre warten, bis valide Zahlen vorliegen“, kritisierte er.

Dorothea Kliche-Behnke (SPD) verwies darauf, dass viele dieser Taten im persönlichen Umfeld und nicht im öffentlichen Raum geschehen würden, was Hagen bestätigte. Palmer erinnerte daraufhin auf Überfälle auf Frauen – „da gab es in Tübingen einen Fall 2015 und einen 2016.“ Die Hypothese, dass ein Anstieg der Kriminalität wegen der ansteigenden Flüchtlingszahl nicht zu erwarten sei, habe sich, so Palmer, nicht bestätigt. „Wir haben eine Gefährdungslage“, sagte er. Denn die Männer, die hierher kämen, seien „in einer Situation, die kriminell macht“. Palmer nannte fehlende Perspektiven, die Wohnsituation und drohende Abschiebung als Auslöser für Kriminalität.

Ingrid Fischer (CDU) warf ihm Populismus vor, wenn er sage, von „diesen Männern“ gehe eine erhöhte Gefahr aus. Palmer wies diesen Vorwurf zurück: „Ich will das, was ist, besprechen. Und es ist nicht so, dass wir keine erhöhte Belastung haben.“ Ihm sei der „nüchterne Blick auf Fakten wichtig“.

Verwaltung unterstützt und initiiert Prävention

Die städtische Gleichstellungsbeauftragte Luzia Köberlein kündigte ein Präventionsprogramm in Schulen an, bei dem auch Selbstverteidigung eine Rolle spielt. Außerdem arbeitet die Verwaltung mit Präventionsprojekten wie „Herzklopfen“ von Tima und den Pfunzkerlen zusammen.

Gitta Rosenkranz (Die Linke) forderte auch Projekte mit minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen und mit erwachsenen Asylbewerbern. „Wir brauchen viele Angebote und eine sichere Finanzierung“, sagte sie. Köberlein versprach, dass alle Gruppen gleichermaßen angesprochen würden.

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Erstellt:
12.07.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 42sec
zuletzt aktualisiert: 12.07.2017, 01:00 Uhr

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? 12.07.201718:57 Uhr

Die Stadt legt ein Konzept vor, damit sich Frauen in Tübingen sicherer fühlen.
Warum den das, vor 2 Jahren war doch alles noch suppi in Tübingen,das verstehe ich nicht.
Ich Denke von 1,5 Mill. Flüchtlingen und Asylbewerber sind 1 450 000 Männer ist das ,das Problem?
nicht Lösbar sag ich,,

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