Sommer-Open-Air: Botschafter des Friedens

Die Söhne Mannheims und das Publikum in Rottenburg mussten am Freitagabend erst zueinander finden

Im Frühjahr hatten die Söhne Mannheims mit ihrem Album „MannHeim“ für Aufregung gesorgt. Der Band um Sänger Xavier Naidoo wurde vorgeworfen, mit dem Text von „Marionetten“ die deutsche Politik zu attackieren und Positionen zu vertreten, denen Verschwörungstheoretikern und Rechtspopulisten nahe stünden.

04.09.2017

Von Dunja Bernhard

Eine Zeile aus dem Lied lautet: „Teile eures Volks nennen euch schon Hoch- beziehungsweise Volksverräter“.

In Rottenburg gab es am Freitag keine Protestplakate gegen die Söhne Mannheims. Mit 1800 verkauften Tickets lag der Besucherzuspruch etwas höher als bei Status Quo am Abend zuvor.

Die Band wirbt für Liebe

Henning Wehland, einer der Sänger der Söhne Mannheims, trat mit eigener Band als Vorgruppe auf und stellte sein Solo-Debüt-Album vor. Er betonte: „Wir und die Söhne Mannheims sind gegen alles, was einen rechten Keil in die Gesellschaft treiben will.“ Im Laufe des Konzerts trat er noch mehrmals dem Verdacht entgegen, die Söhne Mannheims stünden politisch rechts. Über ein halbes Dutzend Staaten zählte er als Heimatländer der Bandmitglieder auf. „Es ist egal woher jemand kommt“, sagte Wehland. „Was zählt, sind Respekt und Liebe füreinander.“

Musikalische Unterstützung bekam Wehland im Vorprogramm von den Kassler Rappern Rocko und Esay. Mit Beatbox-Einlagen begeisterte vor allen Rocko das Publikum. Wer ihn auf der Bühne hat, braucht eigentlich kein Schlagzeug mehr.

Sirtaki im Gleichschritt

Mit „Tanz um dein Leben“ forderte Wehland das Publikum zum Sirtaki auf. Einige Zuhörer hakten sich unter und tanzten im schnellen Gleichschritt. Mit dem Titelsong seines Album „Der letzte an der Bar“ machte er nach 45 Minuten die Bühne frei für die Söhne Mannheims.

Seit mehr als 20 Jahren steht die Band mit Mannheimer Wurzeln in wechselnder Besetzung auf der Bühne. Dabei hielt die Musikszene das Konzept mit bis zu 17 Musikern in einer Band zunächst für wenig erfolgversprechend. Das Reizvolle an der Mehrfachbesetzung ist die stimmliche Vielfalt in jedem Lied. Bis zu sechs Sänger wechselten sich am Freitag innerhalb eines Songs ab.

Punkt 20 Uhr betraten die Söhne Mannheims – und damit auch wieder Wehland – die Bühne. Xavier Naidoo charakteristisch gekleidet mit Kappe, Sonnenbrille und übergroßer Jacke. „Erweise deinem Leben Respekt, reih’ dich nicht ein in die Reihe von Schafen“, sang er in „So wird es geschehen“, einem Lied aus dem neuen Album.

Petrus meinte es gut

Die „Söhne“ hatten sich, wie viele Zuschauer, auf Regenwetter eingestellt und entsprechende Sprüche parat. „Ich sehe, ihr seid besonders bunt gekleidet“, sprach Xavier Naidoo zahlreiche Regenjackenträger an. Mit Mode habe das nichts zu tun. „Aber ihr seid vorbereitet.“ Doch Wetterapostel Petrus hatte ein Einsehen: Am Freitag fiel nicht ein Regentropfen auf den Eugen-Bolz-Platz.

Stimmung kommt zunächst nicht richtig auf...

Schon beim zweiten Lied „Guten Morgen“ gingen die Hände im Publikum hoch. Doch so richtig Stimmung wollte zunächst nicht aufkommen. „Rottenburg, wo seid ihr?“, rief Wehland. Und eine Stunde später: „Wir wollen jetzt die Stimmung anheizen. Das ist dringend nötig.“ Wenn sich Wehland, Naidoo oder Rolf Stahlhofen, ein weiterer Sänger, direkt ans Publikum wandten, ging es willig mit, schwang Hände über Köpfen, hüpfte, tanzte. Doch dieser Effekt verpuffte relativ schnell wieder.

Die Musiker präsentierten vom Album „MannHeim“ ein Lied nach dem anderen, aber den meisten Zuhörern waren die neuen Songs und Texte noch nicht vertraut. Viel Applaus gab es für die genialen Einlagen des Pianisten Florian Sitzmann, der ein Keyboard wie eine E-Gitarre spielen kann und der auf dem E-Piano gefühlvoll begleitete, sowie für die Schlagzeugsoli von Jonny König.

...Aber bekannte Songs lassen die Menge dann doch abgehen

Ihre bekannten Hits brachte die Band erst zum Ende des Konzerts. Da sprang endlich der Funke auf die Menge über. Zu „Das hat die Welt noch nicht gesehen“ schwebte ein Lichtermeer, erzeugt von Handys und Feuerzeugen, über dem Publikum. Es folgten „Hier kommen die Söhne“ und „Dein Leben“. Das waren die Songs, die die Zuhörer hören wollten. Für den bewegendsten Moment des Konzerts waren nur drei Musiker nötig: die Sänger Claus Eisenmann und Tino Oac sowie Pianist Sitzmann. Sie spielten die Ballade „Und wenn ein Lied“. Der Refrain geht weiter: „Meine Lippen verlässt, dann nur damit du Liebe empfängst“ Die Botschaft der Söhne Mannheims sei Liebe, sagte der Sänger Metaphysics.

„Marionetten“ nicht gespielt

Das umstrittene Lied „Marionetten“ sang die Band nicht. Sie hatte es im Frühjahr kurz nach Veröffentlichung des neuen Albums von der Playlist genommen.