Fettleber macht Vorsorge

Diabetes-Forscher: Einfach den Lebensstil ändern reicht nicht immer

Manche Menschen, die ein hohes Risiko haben, an Diabetes zu erkranken, können das durch eine Änderung ihres Lebensstils verhindern. Bei anderen gelingt das nicht. Warum, dem gehen Tübinger Forscher auf den Grund.

07.05.2016

Von Angelika Bachmann

Tübingen. Für manche Patienten ist es echt frustrierend. Sie halten sich genau an die Vorgaben, befolgen die Ernährungsempfehlungen, treiben regelmäßig Sport. Sie nehmen zwar ab und fühlen sich fitter. Doch der Blutzuckerspiegel will sich einfach nicht normalisieren.

„Mein Hausarzt glaubt mir schon gar nicht mehr“ – das hört der Diabetologe Prof. Norbert Stefan oft. 120 Patienten mit einem hohen Diabetes-Risiko haben sich an der Tübinger Tulip-Studie an der Medizinischen Universitäts-Klinik beteiligt. Es ging darum zu erforschen, ob man mit einer Lebensstilintervention Diabetes verhindern kann.

Das Ergebnis war: ja und nein. Etwa 60 Prozent schafften es, ihren Blutzuckerspiegel zu normalisieren, wenn sie ballaststoffreich aßen, gesättigte Fettsäuren mieden und regelmäßig körperlich aktiv waren. Bei 40 Prozent blieb der Blutzuckerspiegel dennoch hoch.

Die Zahl klingt enttäuschend hoch, das Ergebnis der Studie ist aber deshalb umso bemerkenswerter, weil es die Mediziner in einem Verdacht bestätigt: Die Patienten, bei denen die Lebensstilintervention keinen Erfolg hatte, hatten bereits bei Beginn der Studie eine Fettleber. Man vermute, so Stefan, dass in der Leber hergestellte Proteine (so genannte Hepatokine) den Zuckerstoffwechsel im Körper stören, wenn sie im Übermaß hergestellt werden – was in einer Fettleber der Fall ist.

Als Fettleber bezeichnet man eine Leber, in der sich Fettzellen abgelagert haben. Das kann durch einen ungesunden Lebensstil geschehen, manchmal in Folge einer Erkrankung. In Mitteleuropa haben etwa 30 Prozent der Erwachsenen eine Fettleber. Bei den Über-Fünfzigjährigen steigt der Anteil auf 40 Prozent.

„Nicht jede Fettleber ist behandlungsbedürftig“, sagt Stefan. Denn nicht jeder, der eine Fettleber hat, zeigt Symptome. Bei vielen führt eine Fettleber jedoch dazu, dass sie höhere Entzündungswerte im Blut haben und dass sie eine Insulinresistenz zeigen.

In einer weiteren, diesmal bundesweiten Prädiabetes Lebensstil Interventionsstudie (PLIS) untersuchen die Tübinger Diabetologen deshalb gemeinsam mit anderen Partnern des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung, ob eine intensivierte Lebensstiländerung bei dieser Hochrisikogruppe helfen kann, Diabetes zu verhindern. An dieser Studie nehmen 1000 Menschen mit sehr hohem Diabetesrisiko Teil. Ihr intensiviertes Betreuungsprogramm beinhaltet: noch mehr Einzelberatung, noch mehr Sport und den weitgehenden Verzicht auf schnell resorbierbare Kohlenhydrate wie etwa (Frucht-) Zucker, der auch in Säften enthalten ist, oder weiße Nudeln.

Prävention werde erst richtig effektiv, wenn sie feinjustiert auf den einzelnen Patienten zugeschnitten werde, so der Diabetologe Stefan. Für seine Auswertung der Tulip-Studie erhielt Norbert Stefan in diesem Jahr auch den Präventionspreis der Deutschen Stiftung Innere Medizin und der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin.