Der vermisste 19-Jährige aus Stockach ist tot

Ein Schrebergärtner fand die Leiche am Sonntag bei der Tübinger Schaffhausenstraße

Der 19-Jährige aus Stockach am Bodensee, der am 11. September in Tübingen verschwand, ist tot. Der Pächter eines Schrebergartens fand die Leiche am Sonntagvormittag in einem Gebüsch zwischen den Bahngleisen und der Tübinger Schaffhausenstraße.

26.09.2016

Von Hans-Jörg Schweizer

Symbolbild: lassedesignen - Fotolia.com

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Tübingen. Für die Polizei ist klar, dass der 19-Jährige von einem Zug erfasst wurde. Die Art der schweren Verletzungen lasse daran keinen Zweifel, erklärt Polizeisprecher Michael Schaal. Die Leiche habe unter einem Busch zwischen Schrebergarten und Bahngleis gelegen, nur einen knappen Kilometer vom Ort des Verschwindens entfernt.

Der 19-Jährige war am frühen Sonntagmorgen des 11. September zuletzt gesehen worden. Nachdem er mit Freunden in der Tübinger Diskothek Top 10 gefeiert hatte, war es zum Streit gekommen, berichtete die Polizei. Daraufhin sei der offenbar stark betrunkene 19-Jährige um 5.30 Uhr vom geparkten Auto der Gruppe in der Eisenbahnstraße Richtung Bahngleis davongelaufen. Seine Begleiter hatten noch nach ihm gesucht, sich dann aber im Auto schlafen gelegt. Als der 19-Jährige auch den ganzen Sonntag über verschwunden blieb, verständigten um 0.10 Uhr am Montagmorgen Angehörige die Polizei, die laut Sprecher Schaal sofort eine groß angelegte Suche startete: In der Nacht zum Montag war ein Polizeihubschrauber mit Wärmebildkamera in der Luft. Eine Helikopterbesatzung suchte auch am Montagmorgen bei Tageslicht die Gegend ab. Sein Mobiltelefon hatte der 19-Jährige im Auto liegen lassen, eine Handy-Ortung wäre deshalb sinnlos gewesen.

Einer der eingesetzten Mantrailer-Hunde verfolgte aber die Spur des 19-Jährigen in den Baustellenbereich auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs. Dort verlor sich die Spur jedoch. Zahlreiche Polizisten suchten am Montag und am Dienstag unmittelbar nach Verschwinden des jungen Mannes das Neckarufer und den Bereich jenseits der Bahngleise ab. „Wir sind auch in die Gärten reingegangen“, so Schaal, „aber nicht bis an den Bahnkörper“. Genau dort aber lag die Leiche, versteckt in einem Gebüsch, zwischen Schienen und den Schrebergärten an der Schaffhausenstraße.

„Wir wissen nicht, welcher Zug den 19-Jährigen erfasst hat“, sagt Schaal. Kein Lokführer habe etwas bemerkt. Das sei auch nicht verwunderlich, erklärt ein Bahn-Sprecher. „Vor zwei Wochen war es morgens dunkel. Wenn es da Büsche gibt, konnte der Lokführer gar niemanden sehen.“ Es sei Spekulation, aber womöglich wurde der 19-Jährige von einem Zug-Waggon weiter hinten erfasst. Eine solche Kollision sei im Führerstand der Lok kaum wahrnehmbar.

Die aktive Suche nach dem Vermissten wurde nach zwei Tagen zunächst eingestellt. Die Polizei hatte auch über soziale Medien glaubhafte Hinweise erhalten, dass der 19-Jährige in Reutlingen gesehen wurde. „Wir gingen weder von einem Unglück, noch von einem Verbrechen aus“, erklärt Schaal und räumt ein: „Hinterher ist man immer schlauer.“

Eine Fahndung mit Veröffentlichung eines Fotos sei nicht in Frage gekommen, weil aus Sicht der Polizei keine konkrete Gefahr für Leib und Leben des Vermissten bestand. Diese Voraussetzung für eine Öffentlichkeitsfahndung sei nur erfüllt, wenn zum Beispiel vermisste ältere Menschen dringend auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen sind. In sozialen Medien war dennoch mit Bild nach dem 19-Jährigen gesucht worden.

„Wir sind vielen Hinweisen nachgegangen“, sagt Schaal, bei einem Reutlinger Supermarkt, am Bahnhof in Reutlingen und in Metzingen. Weil ein Unfall oder Suizid nicht mit Sicherheit auszuschließen war, suchte die Polizei am vergangenen Donnerstag nochmals das Tübinger Neckarufer ab.

Weil jetzt alles auf einen Unfall mit einem Zug hindeutet und es keine Hinweise auf ein Verschulden Dritter gebe, sei keine Obduktion des Leichnams vorgesehen, sagt Schaal. Und es werde wohl auch nicht weiter untersucht, von welchem Zug der junge Mann erfasst worden ist.

Lokführer melden Personen auf den Gleisen

„Lokführer melden akribisch, wenn sie jemanden am Gleis sehen“, sagt ein Sprecher der Bahn. Wenn der Lokführer den Verdacht äußert, dass jemand vom Zug erfasst wurde „wird auch mal eine Strecke gesperrt“. Erst Mitte August stand aus diesem Grund bei Kilchberg ein voll besetzter Pendlerzug mehr als eine Stunde lang auf offener Strecke, während die Einsatzkräfte erfolglos Hunderte Meter Gleis nach einem Verunglückten absuchten (wir berichteten).

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Erstellt:
26.09.2016, 11:55 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec
zuletzt aktualisiert: 26.09.2016, 11:55 Uhr

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