Abschieds-Melodie

Der Lyriker und Maler Dietmar Scholz ist tot

Er war Lyriker, Erzähler, Kinderbuchautor und Maler zugleich. Über 20 Bücher hat Dietmar Scholz veröffentlicht, seine Gedichte stehen in zahlreichen Anthologien. 2013 hat der in Altenburg lebende Lyriker den Edith-Heine-Lyrikpreis erhalten. Am 19. Februar ist der 82-jährige verstorben.

24.02.2016

Von Uschi Kurz

Der 80-jährige Dietmar Scholz in seinem Atelier, Archvibild: Leipold

Der 80-jährige Dietmar Scholz in seinem Atelier, Archvibild: Leipold

Altenburg. „Geschrieben habe ich eigentlich schon immer, aber erst spät veröffentlicht“, erzählte der Lyriker einmal bei einem Besuch in seinem Altenburger Atelier. Allerdings konnte sich Scholz, der 1985 mit dem Eichendorff-Literaturpreis ausgezeichnet wurde, der Schriftstellerei erst ganz widmen, als er seinen Brotberuf (er war Leiter des Ausbildungswesens bei der Post) Anfang der 90er Jahre nach einem Herzinfarkt aufgeben musste.

Scholz wurde am 15. Oktober 1933 im damals deutschen schlesischen Kunitz geboren. 1945 aus der Heimat vertrieben, gelangte er auf vielen Umwegen nach Reutlingen, wo er als Autodidakt zu schreiben begann. Sein gesamtes Werk ist von der Zerrissenheit des frühen Heimat-Verlust gekennzeichnet. Schreibend hat Scholz diesen Verlust immer wieder verarbeitet, bis er über seine neue, die „albheimat“ bekannte: „es muß ein ende haben / zwischen uns / mit dem stiefmutterblick / der dich ersatz sein läßt (...)“ (aus: „innenwege“, Reutlingen 1985). „Erinnerungslyrik“ nannte der Germanist Pawel Zimniak die „herbe Grundmelodie des Abschieds“, welche die Dichtung Scholzens durchzieht. Tatsächlich, meinte Scholz in einem Interview mit dem TAGBLATT, habe er eine „Tendenz zum Blick zurück“. 2013, kurz vor seinem 80. Geburtstag, als in Polen sein dritter Gedichtband „Stationen“ erschien, unternahm er dann endlich eine Lesereise in die alte Heimat. Sie führte ihn durch Liegnitz und Breslau und in seinen Geburtsort Kunitz. Wie ein Schwamm, berichtete Scholz hinterher begeistert, hätten die polnischen Germanistikstudenten seine Antworten aufgesogen.

Neben seiner schriftstellerischen Arbeit hat Scholz in den vergangenen Jahren immer stärker seine
Berufung als Maler und Grafiker entdeckt, wobei er Affinitäten
zwischen seiner Lyrik und der Malerei und der Prosa und dem Zeichnen sah. Seine Sprache war die Sprache der Erinnerung und des Abschieds und auch seine Bilder waren dort am aussagekräftigsten, wo er die Farben des Herbstes wählte.