Partnerschaft

Den Frieden leben

Mit 156 Gästen aus dem französischen Arcis sur Aube feierte Gomaringen am Wochenende die seit 40 Jahren währende „Jumelage“.

22.05.2017

Von Gabi Schweizer

Serge Lardin fand deutliche Worte: Die Franzosen hätten „nein gesagt zu dem Vorhaben, Europa zu zertrümmern“. Jenes Europa wünscht sich der Arciser Bürgermeister als friedlichen und vereinten Bund, der „Nationalismen und totalitäre Ideologien ausschließt“. Sein Gomaringer Kollege Steffen Heß betonte, dass es zu Europa „keine Alternative“ gebe. „Den Frieden weiter zu tragen, ihn zu leben, ist eine unserer vornehmsten Aufgaben.“

Wären alle Europäer sich so zugetan wie die Gomaringer und die Arciser, müsste das Zusammenleben ein Leichtes sein. Herzlich war die Begrüßung, als am Samstagnachmittag 156 Gäste aus der Kleinstadt in der Champagne an der Wiesaz eintrafen. Nachdem die Arciser die Gomaringer bereits im vergangenen Jahr empfangen, fürstlich bewirtet und bestens unterhalten hatten, war die Reihe nun an diesen. 400 Menschen kamen abends in der Sport- und Kulturhalle zusammen. Und während sie Maultaschensuppe löffelten und Alblinsensalat verkosteten, Kartoffelsalat, Spätzle, Soß' und allerhand andere schwäbische Spezialitäten aus der Bahnhofs- und Emmy-Lindgrün-Küche aßen, wechselten sich auf der Bühne die Festredner und Künstler ab: junge Tänzerinnen aus Arcis, der Jugendchor Vocal Freestyle, der Arciser „Chorale“ und die Musikvereine beider Gemeinden stemmten ein anspruchsvolles Programm. Dass letztere die Europahymne gemeinsam spielten, hatte auch symbolischen Charakter.

In Arcis hatten im zweiten Wahlgang gut 51 Prozent der Wähler für Le Pen gestimmt. Umso deutlicher wurde Lardin: „Frankreich hat gerade eine schwierige Wahlperiode hinter sich, auf sehr niedrigem Niveau.“ Er selbst ist überzeugt: „Euer Deutschland und unser Frankreich bilden die Ecksteine, die das europäische Haus tragen.“ Der EU-Abgeordnete Norbert Lins (CDU) betonte – auch für die Bundestagsabgeordnete Annette Widmann-Mauz –, wie wichtig eine Städtepartnerschaft sei: „Sie bringt das Zusammenwachsen zum Ausdruck und erfüllt es mit Leben. Europa wird so für die Menschen lebendig.“ So sehr die Politik die Reden dominierte, so gelöst war die Feierstimmung. „Wir haben von Politik ein bisschen die Schnauze voll“, gab Michel Piat, Präsident des Partnerschaftskomitees, auf Nachfrage zu. Es war seine Aufgabe, die Gastgeschenke zu überreichen. Das Päckchen sei winzig ausgefallen, weil der Bus so voll war, witzelte er, als er Steffen Heß ein seeehr kleines Präsent überreichte. Inhalt: eine Murmel. Nein, nicht für den Rathauschef, sondern für sein Kind, das seine Frau Claudia in Kürze erwartet. Das Geschenk für die Gemeinde fiel dann doch größer aus: eine Wetterfahne mit den Wappen beider Gemeinden. Steffen Heß würde nun am liebsten die Kindlersche Fabrik umplanen lassen und ein Türmchen aufsetzen.

Das Interesse an der Partnerschaft ist auch in Frankreich groß. Man habe gar keine Werbung für die Fahrt gemacht, berichtete Piat – es wären sonst einfach zu viele Teilnehmer geworden. Nicht alle, die ursprünglich Interesse bekundeten, seien auch gekommen. Nur deswegen sei es gelungen, alle unterzubringen, erklärte Heß. 24 Familien hatten insgesamt etwa 60 Gäste beherbergt, die anderen schliefen im Hotel Arcis oder in der Hublandhalle. Dass die Jugend mit 35 Unter-18-Jährigen sehr gut vertreten war, lag vor allem am Musikverein, den Tänzerinnen und der Mädchen-Handballmannschaft.

Sie trat am Sonntag bei einem Freundschaftsspiel gegen die Handballerinnen der CVJMs Dußlingen und Gomaringen an. Die Gastgeber hätten den Pokal theoretisch behalten dürfen. Sie gaben ihn dennoch der Arciser Mannschaft mit. Die Französinnen hatten in der Sammelunterkunft nur zweieinhalb Stunden geschlafen – unfaire Wettbewerbsbedingungen also. Beim nächsten Besuch werden sie einfach erneut um den Wanderpokal spielen. So handhaben das auch die Fußballer – die Gomaringer hatten 4:3 gewonnen. In einer Mannschaft spielten die Alten Herren des TSV und Flüchtlinge – die Gruppe kickt ohnehin jeden Sonntag zusammen –, in der anderen die Arciser Feuerwehrleute, Steffen Heß sowie die Gemeinderäte Daniel Leibßle und Friedhelm Haas. So gibt es einen Grund mehr, bald wieder nach Frankreich zu fahren.