Architektur

Das ist die neue Rottenburger Bibliothek

Es dauert noch gut zwei Monate, bis die Rottenburger Stadtbibliothek fertig ist, doch schon jetzt streiten die Leute drüber.

20.06.2017

Von Gert Fleischer

Oberbürgermeister Stephan Neher und Baubürgermeister Thomas Weigel verweisen auf den Neubau der Diözesankurie: Welch heftige Kritik gab es damals an dem Neubau. Sie ist inzwischen weitgehend verstummt. 2014 bekam das vom Stuttgarter Architekturbüro Lederer, Ragnarsdóttir, Oei geplante Gebäudeensemble den „Kleinen Hugo“, 2015 den nur alle drei Jahre verliehenen „Großen Hugo“, den Landespreis Baden-Württemberg des Bundes Deutscher Architekten.

Dicht daneben etwas Eigenständiges zu bauen, ist eine Herausforderung. Weigel traut der vom Architekturbüro Harris+Kurrle, ebenfalls Stuttgart, entworfenen Stadtbibliothek auch einen Architekturpreis zu, will sich nur noch nicht festlegen, welchen. Im Moment hat Volkes Stimme, soweit sie sich artikuliert, eher Schimpf übrig für den Bau. „Katastrophe“, „hässlicher, fast schwarzer Koloss“ schrieb Dietmar Schneider im Leserbrief, zuvor nannte schon Ansgar Baur die Fassadenfarbe „ein schreckliches und undefinierbares Grau“. Davor wiederum hatte Hans-Joachim Bleier das Gebäude gelobt: Solch ein Haus müsse nicht jedem gefallen, aber es „muss prägnant sein“ und auf Jahrzehnte wirken. Bleier: „Weichgespülte Bauten gibt es schon genug.“

Architekten mögen es nicht, wenn über ihr Werk geurteilt wird, bevor es fertig ist. Weil nicht alle unsere Leser in Rottenburg wohnen, sei hier, nachdem das Gerüst entfernt wurde, trotzdem ein Blick auf die Noch-Baustelle gegeben. Wer mitreden will, sollte einfach mal drumherum gehen, das Dreieck Obere Gasse, Waldhorngässle, Königstraße beschreiten. Weil oben am Bischöflichen Ordinariat (BO) gerade ein Gebäude abgebrochen wurde (dort könnte es dann die nächste Diskussion geben), entstanden zusätzliche Durchblicke.

Die Fassade hat einen leichten Stich ins Violette, sie ist relativ dunkel, bei Sonneneinstrahlung aber deutlich heller. Der Putz ist stark strukturiert, die Riefen wurden an der erhabenen Kante leicht mit weißer Farbe übermalt. Die Proportionen des Gebäudes verändern sich je nach Standpunkt und Perspektive, mal ist die Bücherei
größer als das BO, mal kleiner. Am massigsten wirkt der Neubau direkt an der Königstraße.

Die großen, ungeteilten Fenster, so verspricht Thomas Weigel, geben großzügig Einblick, wenn die Bibliothek erst in Betrieb ist. Dann würden aus den dunklen Flächen lebendige Bilder.