Und es dreht sich noch!

Das Bohnenberger-Observatorium am Schloss Hohentübingen wird saniert

Ab 2018 soll das Bohnenberger-Observatorium beim Schloss für Museumsbesucher zu besichtigen sein.

03.11.2017

Von Angelika Bachmann

Das Plastikhäubchen, das lange Jahre das Dach bedeckte, ist verschwunden. Stattdessen überspannt ein großer Baldachin das von Gerüsten umgebene Bohnenberger-Observatorium vor dem Hauptportal von Schloss Hohentübingen. Seit Jahren haben Kenner der Tübinger Wissenschaftsgeschichte immer wieder darauf hingewiesen, dass dieses bedeutsame Relikt der Schloss-Geschichte allmählich verfalle. Schließlich signalisierte das Land: Man werde etwas unternehmen. Doch das Jahr 2016 verstrich.

Nun wird doch wohl nicht etwa? Doch! Wahrhaftig! Das Anfang des 19. Jahrhunderts von Johann Gottlieb Friedrich Bohnenberger errichtete Bodenobservatorium wird saniert. Das versetzt auch den Leiter des Museums der Universität Tübingen, Ernst Seidl, in Erstaunen und Freude: „Kaum vergehen 20 Jahre – und schon passiert was!“

Die 200 Jahre alte Sternwarte soll möglichst originalgetreu hergerichtet werden, so dass künftige Besucher das Gehäuse samt Originaleinrichtung besichtigen können. Auch der „große Repetitionskreis von Reichenbach“ soll in die Sternwarte zurückkehren. Eigens für dieses Präzisionsmessgerät zur astronomischen Winkelmessung samt Fernrohr hatte der Mathematiker und Astronom Bohnenberger dieses Bodenobservatorium bauen lassen.

Es in der eigentlichen Sternwarte im Nordost-Turm des Schlosses unterzubringen, war nicht möglich. Die Eigenbewegungen des Turms hätten die Genauigkeit der Messungen zunichte gemacht.

Das Messgerät wurde vor einigen Jahren aus dem verfallenden Häuschen geborgen, zwischenzeitlich fachgerecht restauriert und wartet darauf, an seinen Ursprungsort zurückzukehren. Architekten und Fachrestauratoren haben zwischenzeitlich die Anlage begutachtet und sind zu einem erstaunlichen Schluss gekommen: „Alles ist in besserem Zustand, als man befürchten musste“, sagt Seidl. Der Dachstuhl, der lange Zeit unter Planen gepackt war, hat zwar vermoderte Stellen. Der Großteil des Gebälks sei aber noch in gutem Zustand. Vor allem: Das Dach lässt sich noch drehen!

Überprüft wird derzeit, in welchem Zustand und wie salzbelastet das Mauerwerk ist. Das Bodenniveau rund um den Bau wird auf das ursprüngliche Niveau vertieft. In die so entstehende Stufe werden Bänke eingearbeitet, so dass „eine gewisse Aufenthaltsqualität entsteht“, so Seidl.

Formal wird das Observatorium Teil des Museums der Universität Tübingen. Der Rundbau wird dann – immer zu Museumsöffnungszeiten – aufgeschlossen. Am Eingang zur Bastion wird es künftig eine Hinweistafel geben, die Schlossbesucher auf das gesamte Ensemble hinweist: sowohl auf den Nordost-Turm, wo Bohnenberger eine Sternwarte eingerichtet und im Stockwerk darunter seine Wohnung hatte, als auch auf das Bodenobservatorium in der kleinen Grünanlage rechterhand des Schlossportals.

Nur einen Wermutstropfen gibt es noch. Die Optik des Original-Präzisionsmessgerätes ist verschwunden. Die Linsen lägen mit Sicherheit „in irgendeinem Uni-Institut in einem unscheinbaren Kästchen“, sagt Seidl. Uni-Mitarbeiter, die irgendwelche nicht zuzuordnende optische Linsen in einer Magazin-Schublade finden, können sich gerne bei ihm melden, sagt Seidl.

Orte des Museums

Studierende der Universität beschäftigen sich im Wintersemester in einem Praxisseminar mit dem Schlossmuseum und seinen Orten außerhalb des Kern-Museums. „Extended museum“ nennt sich das Seminar, das von Museumsdirektor Ernst Seidl und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Frank Duerr angeboten wird. Wie kann man Orte wie die Sternwarte, den Fasskeller – er soll zum Ende des Winters für Besucher begehbar gemacht werden – oder die Schlossküche präsentieren und Besuchern besser ins Bewusstsein rücken? Es sei wichtig, mit dem Museum auch in die Universität hinein zu wirken, sagt Seidl. Das Museum sei schließlich nicht nur für Touristen da.