Cloud Atlas

Cloud Atlas

Das Regie-Team Tykwer/Wachowski verschachtelt sechs Erzählungen zu einem Panorama der Zivilisation in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

12.11.2012

Von Klaus-Peter Eichele

Siehe auch: Regisseur Tom Tykwer übers Drehbuchschreiben mit den Wachowskis

Von der Epoche des Sklavenhandels bis in eine ferne, postapokalyptische Zukunft, in der die Menschheit wie in der Steinzeit vegetiert, erstreckt sich die Geschichte nach dem Roman von David Mitchell. Erzählt wird sie nicht chronologisch. Vielmehr sind die sechs, je zur Hälfte vom Deutschen Tom Tykwer („Das Parfüm?) und den amerikanischen Wachowski-Geschwistern („Matrix?) inszenierten Episoden in kleinste Schnipsel zerhackt und aneinandergetuckert.

Von einem inhaltlichen Zusammenhang fehlt zunächst jede Spur. Nichts verbindet auf Handlungsebene die Geschichte eines Weltreisenden, den 1849 wegen eines entlaufenen Sklaven das Gewissen zwickt, mit der Angst eines Ziegenhirten vor übernatürlichen Mächten im Jahr 2346. Daran ändert auch nichts, dass etliche Motive ? Briefe, Bücher, archivierte Filme ? von der einen in die nächste oder übernächste Episode hineinragen, und einige Schauspieler, allen voran Tom Hanks und Halle Berry, in verschiedenen Folgen oft bis zur Unkenntlichkeit maskiert eine Rolle spielen.

Der Reiz von Mitchells postmodernem Roman liegt jedoch weniger in der Handlung, als im cleveren Spiel mit unterschiedlichen literarischen Formen wie Tagebuch, Autobiografie, Schundroman. Die Regisseure übersetzen dieses Stil-Patchwork ins Filmische, indem sie jeder Episode ein auf seinen trivialen Kern komprimiertes Genre zuordnen: vom Historienschinken über den Politthriller und die Science-fiction bis zum Endzeit-Schocker. Müsste man sich jedes dieser Bruchstücke als eigenständigen Film anschauen, wäre es ganz und gar unerträglich, so Comic-haft simpel fällt die Verdichtung aus. Im rhythmisch rasanten und geschickt mit Cliffhangern jonglierenden Zusammenschnitt, wird man jedoch ganz unterhaltsam bedient.

Und die Botschaft des Ganzen? Das Gesamtbild zeigt eine Menschheit, die an der Kette des politischen System, der Sozialordnung oder dem eigenen Aberglauben liegt, und mit unterschiedlichem Erfolg versucht, sie abzuschütteln. Epochenübergreifend bleibt das Prinzip Hoffnung, dass es eine bessere Welt geben muss, als die real Existierende. Die durch den ganzen Film wabernden Kalendersprüche („Alle Grenzen sind Konventionen, die nur darauf warten, überwunden zu werden?) hätte es für diese Erkenntnis allerdings nicht gebraucht.

Statt seriöse Literaturverfilmung ein Comic-buntes Tohuwabohu. Ist okay.

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