Sportlicher Erfolg in der Finanzkrise

Chaos der Gefühle beim TV Rottenburg

In der Liga läuft es beim TV Rottenburg gut. Doch der Ausstieg des größten Sponsors reißt ein finanzielles Loch. Und dann ist da noch die zweite Mannschaft.

09.02.2017

Von Tobias Zug

Volksnah geben sich gern der TV Rottenburg und sein Trainer – ein Punkt, mit dem der Klub bei Sponsoren werben will. Bild: Ulmer

Volksnah geben sich gern der TV Rottenburg und sein Trainer – ein Punkt, mit dem der Klub bei Sponsoren werben will. Bild: Ulmer

Es hatte was von Fasnet am Samstag im Fasnet-traditionslosen Tübingen, wo die TVR-Bundesliga-Volleyballer aus der Fasnets-Hochburg Rottenburg glückselig ihren 3:0-Sieg gegen den TV Bühl feierten. Der Kater danach ließ nicht lange auf sich warten: Ein paar Tage später verkündete der Klub den Ausstieg des größten Sponsors, des Kopp-Verlags, zum Saisonende (wir berichteten). „Das war ein Chaos der Gefühle“, sagte TVR-Manager Philipp Vollmer. Einerseits sei er euphorisiert vom starken Auftritt der Rottenburger gewesen, andererseits wusste er da schon vom Ende des Engagements.

Für die TVR-Volleyball GmbH ein herber Verlust, denn der Rottenburger Verlag ist nicht nur seit Jahren Arbeitgeber mancher Spieler, seine bisherige finanzielle Unterstützung machte auch geschätzt etwa ein Viertel des gesamten Etats aus.

TVR-Trainer Hans Peter Müller-Angstenberger ist seit Jahrzehnten im Verein, kennt schon daher die Strukturen und Mitarbeiter wie kaum ein anderer. Er sagt: „Ich habe volles Vertrauen in die handelnden Personen und die Kraft der Region, dass wir andere Sponsoren finden und es wie bisher weiter geht. Denn das Produkt ist ein so gutes, dass ich glaube, das es wert ist, dort einzusteigen.“ Akute Sorgen um die Bundesliga-Zukunft habe er jedenfalls keine. Müller-Angstenberger: „Rottenburg und die Region, das ist insgesamt eine Anpacker-Region. Ich bin positiver gestimmt als beim ENBW-Ausstieg vor vier Jahren.“ Ein Jahr nach dem Rückzug des damaligen Hauptsponsors startete der TVR eine große Spendenaktion.

TVR II vor neuerlichem Abstieg

Ganz sicher berechtigte Sorgen machen derzeit sportlich die Volleyballer des TV Rottenburg II: Vor fünf Jahren spielte die zweite Mannschaft noch in der Zweiten Bundesliga, hielt sich danach fünf Jahre in der Regionalliga beziehungsweise der neu gegründeten dritten Liga. Nach dem Abstieg in der vergangenen Saison sieht es derzeit nach einem Durchmarsch in die Oberliga aus: Der Tabellenletzte verlor am Wochenende sogar gegen den Tabellenvorletzten in Heidelberg und hat jetzt fünf Spieltage vor Schluss vier Punkte Abstand auf diesen.

„Das bereitet uns schon Bauchschmerzen“, sagt Abteilungsleiter Ingo Straten, „bei einem Abstieg bricht dann schon was weg, das widerspricht auch unserem Leistungsprinzip.“ Die zweite Mannschaft sollte bisher als Sprungbrett für leistungsorientierte Spieler dienen auf dem Weg in die ersten Ligen, am besten freilich in den TVR-Bundesliga-Kader. Zuletzt schaffte das sogar Johannes Schief, auch ein Phillip Trenkler und Sven Metzger spielten einst in der Zweiten und schafften es über Umwege ins TVR-Bundesliga-Team.

Talentierter Nachwuchs ist beim TVR weiter vorhanden. Allerdings zweifelt Straten, ob beispielsweise für die aktuellen U 18-Nationalspieler Markus Hieber, Johann Reusch und Onno Möller die Oberliga die richtige Perspektive ist. „Wir dürfen da auch nicht die Vereinsbrille aufsetzen“, sagt Straten. Der Klub sei jedenfalls daran interessiert, jeden Spieler bestmöglich weiterzubringen – bei einem Abstieg in die Oberliga müssten dementsprechende Talente dann wohl – zumindest vorübergehend – wechseln. Entweder auf ein Volleyball-Internat wie in Friedrichshafen oder gleich in die dritte oder Zweite Liga wie es zuletzt vom TVR II Jonas Kuhn und Patrick Pfeffer taten zum TSV Georgii Stuttgart.

„Mittelfristig sollte die zweite Mannschaft schon in der dritten Liga spielen“, sagt Bundesliga-Trainer Müller-Angstenberger, „vielleicht muss man dafür dann auch über einen radikalen Wandel nachdenken.“ Noch hat die zweite Mannschaft aber fünf Spiele Zeit, den Klassenverbleib doch noch zu schaffen. Nach der Fasnet sieht’s vielleicht ganz anders aus.

Erst gegen den Meister, dann gegen den Letzten

Am Freitag um 10 Uhr fährt der Tross los in die Hauptstadt nach Berlin. Dort verbringen die Volleyballer des TV Rottenburg zwei Tage mit viel Sport: Am Samstag (18.30 Uhr) spielen sie in der 8500 Zuschauer fassenden Max-Schmeling-Halle gegen den Zweiten und aktuellen Deutschen Meister Berlin Volleys. Tags darauf geht’s ein paar Nummern kleiner nach Hohenschönhausen ins Sportforum gegen den Tabellenletzten vom Stützpunkt-Team VCO Olympia Berlin (18 Uhr). „Beide Spiele sind gleich wichtig für uns“, sagt TVR-Trainer Hans Peter Müller-Angstenberger. Auch wenn die Siegchancen gegen den VCO weitaus größer sind als gegen die Volleys: „Wer in der Liga irgendwas unterschätzt, wird bestraft.“ Jüngst siegte beispielsweise TVR-Tabellennachbar KW-Bestensee (8.) mit 3:1 in Düren, beim Tabellenvierten. „Die Liga ist so spannend wie seit zehn Jahren nicht mehr“, sagt Müller-Angstenberger, „und es macht einen Höllenspaß, hier mitzumischen.“

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Erstellt:
09.02.2017, 20:10 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 10sec
zuletzt aktualisiert: 09.02.2017, 20:10 Uhr

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