Nach der Ära Guardiola beginnt bei den Bayern die neue Zeitrechnung mit Carlo Ancelotti

Bühne frei für den großen Bären

Nach dem emotionalen Ende der Trainer-Ära Pep Guardiola beginnt demnächst bei Bayern München mit Carlo Ancelotti offiziell eine neue Zeitrechnung.

24.05.2016

Von HELEN WEIBLE

Vorgänger und Nachfolger beim FC Bayern: Trainer Pep Guardiola (links) mit Carlo Ancelotti. Foto: dpa

Vorgänger und Nachfolger beim FC Bayern: Trainer Pep Guardiola (links) mit Carlo Ancelotti. Foto: dpa

München. Um 16.10 Uhr am Sonntagnachmittag war die Ära Pep Guardiola bei Bayern München endgültig Geschichte. Der Katalane hatte seine Weißweinschorle gegen die Meisterschale getauscht, als er die Treppen  vom Münchner Rathausbalkon hinabstieg. „Mit diesen Spielern“, sagte Guardiola, „mit diesen Spielern schafft ihr das.“ Das – den Triumph in der Champions League, der ihm in drei Jahren beim FC Bayern verwehrt blieb. Die Mannschaft um „Legende“ Philipp Lahm verfüge über „Enthusiasmus und Charakter“, und mit Carlo Ancelotti bekomme sie einen „super Trainer“.

Die wichtigste Voraussetzung, die ein Coach der Bayern mitbringen muss, erfüllt der Italiener spielend. „Mein Arsch ist erdbebensicher“, schreibt er in seiner Autobiographie. Und dabei hat der Erfolgscoach nicht nur seine für Erschütterungen anfällige Heimat in der italienischen Po-Ebene im Hinterkopf.

Ancelotti gilt als gelassenster Vertreter der Riege internationaler Top-Trainer, als Spielerversteher. „Er ist wie ein großer Bär, ein genialer Typ. Ich vermisse ihn sehr“, sagte Superstar Cristiano Ronaldo Ende 2015. Bei Ronaldos Real Madrid, bei Milan, Chelsea oder Paris hielt es der zur Gemütlichkeit neigende Pragmatiker mit Bossen wie Silvio Berlusconi, Roman Abramowitsch oder Florentino Pérez aus.

Der Neue sei „ohne Frage ein ganz anderer Trainer“ als Guardiola, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: „Carlo ist auch ein Taktikfuchs, aber nicht so besessen wie Pep. Er ist, vielleicht auch ein bisschen wegen des Alters, im Umgang mit den Spielern differenzierter.“ Auch aus diesem Grund sei der 56-Jährige „jetzt genau der richtige Trainer für Bayern München“.

Ancelotti nennt in seinem neuen Buch „Quiet Leadership“ Besonnenheit, Ruhe und Vertrauen als Grundlagen seiner Führungsstärke. Die stets gehobene linke Augenbraue verleiht ihm dabei wie Don Corleone aus seinem Lieblingsfilm „Der Pate“ den nötigen Schuss Autorität. Doch er nennt auch Spaß als Voraussetzung für Erfolg. Wenn der eintritt, lebt der Genussmensch seine Vorliebe für guten Wein und ebensolches Essen gerne aus. „Ich schlinge wie ein Pferd“, ist auch ein Satz von ihm. Am liebsten Tortellini mit Mortadella. Besagte Biographie heißt „Preferisco la coppa“, ich bevorzuge den Pokal, oder, ein Wortspiel: die Schinkenwurst. Man kann sich Ancelotti gut mit Uli Hoeneß beim Rotwein vorstellen.

Er warnte jetzt allerdings davor, „Carlo in den Himmel zu heben“. Diese Über-Bayern noch besser zu machen, ist fast unmöglich. „Auf dem Platz steht schon sehr gute Qualität“, sagte Rummenigge, „unser Anspruch ist, dieses Niveau mindestens zu halten, wenn möglich zu verbessern.“ Das dürfte mit den Zugängen Mats Hummels und Renato Sanches gelingen – und bei dem Duo muss es nicht bleiben. „Jetzt müssen wir sehen, ob und was wir noch machen“, sagte Rummenigge.

Die Meisterschaft, sagte Ancelotti einmal, gewinne man beim FC Bayern wegen mangelnder Konkurrenz „mit den Händen in den Hosentaschen“. Auch er wird sich an der Königsklasse messen lassen müssen. Pokale hinterließ der Sohn eines Kleinbauern überall – und nirgends schlechte Worte. „Als er ging, waren alle traurig – auch die, die nicht gespielt haben“, sagte Real-Star Toni Kroos. Aber jetzt kommt Ancelotti ja erst einmal.

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Erstellt:
24.05.2016, 06:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 33sec
zuletzt aktualisiert: 24.05.2016, 06:30 Uhr

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