Blancanieves - Ein Märchen von Schwarz und Weiß

Blancanieves - Ein Märchen von Schwarz und Weiß

In dem Neo-Stummfilm frei nach Schneewittchen muss sich die Tochter eines Stierkämpfers der Intrigen ihrer Stiefmutter erwehren.

14.11.2013

Von Dorothee Hermann

Sie ist das Plakat-Gesicht des Filmfests Frauenwelten: Die Stierkämpferin in der prächtig geschmückten Jacke ist kein Geschöpf aus einer gegenderten Zukunft der Arena, sondern ein modernes Schneewittchen in einem der schönsten Filme des Jahres. Bis sich vor der geduckten Stirn eines 500-Kilo-Bullen endlich ihr wahres Erbteil offenbart, muss sie Schicksalsschläge überwinden, die jeder für sich einen Menschen zerschmettern könnten.

Nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter (Angela Molina) ist die Halbwaise Carmencita in einer feindlichen Welt auf sich gestellt. Im palastartigen Haus ihres Vaters herrscht die diabolische Stiefmutter-Domina Encarna (Maribel Verdú), die sich den seit einem Unfall in der Arena gelähmten Star-Torero (Daniel Giménez Cacho) gekrallt hat. Das Mädchen gerät in eine Existenz, die die Unausweichlichkeit eines Angsttraums hat, was durch die Machart - Stummfilm, feierliches Schwarz-Weiß - betont wird.

So kunstvoll die Mittel, so beklemmend fängt der Film den Konflikt eines Kindes ein, das gegen ein Verbot handeln muss, weil sein Lieblingstier in Gefahr ist. Ihr anarchischer Hahn Pepe ist Carmencitas einzige Freude; symbolisch steht er gegen die jagende Hundemeute der bösen Stiefmutter - und für den Zugang zum Vater. Als endlich die Zwerge in Erscheinung treten, können sie nur eine burleske Variante dessen bieten, was Carmen eigentlich zustünde. Das Meisterwerk des spanischen Regisseurs Pablo Berger macht eine Kindheit unter bösen Auspizien zum cineastischen Wunder.

Reicht von der Intensität eines Angsttraums bis zur Jahrmarktsburleske.

Blancanieves - Ein Märchen von Schwarz und Weiß