Birnenkuchen mit Lavendel

Birnenkuchen mit Lavendel

Eine trauernde Witwe macht in der liebevollen Provinzkomödie eine Bekanntschaft, die ihr Leben verändert.

16.06.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Birnenkuchen mit Lavendel

  Zwei Trends kreuzen sich in diesem Film, der bei den letzten Französischen Filmtagen den Publikumspreis gewonnen hat. Zum einen die Sehnsucht nach einem vermeintlich unverdorbenen Leben auf dem Land, die sich auch im Boom einschlägiger Zeitschriften niederschlägt. Zum anderen die zuletzt vor allem in deutschen Filmen beliebte Darstellung von Behinderungen, die für den Betroffenen wie für den Zuschauer keine große Last sind, sondern vielmehr lustigen erzählerischen Mehrwert in sich bergen.

Trend eins repräsentiert die junge Bäuerin Louise (Virginie Efira), die in einem pittoresken Landstrich der Provence Bio-Obst anbaut. Doch der Absatz läuft schlecht, die Bank will den Kredit kündigen. Zudem hat Louise den Tod ihres Mannes, der mit dem Gleitschirm abgestürzt ist, noch nicht verwunden. Eines Tages läuft ihr auf der Heimfahrt vom Markt der wunderliche Pierre (Benjamin Lavernhe) vors Auto. Dessen steifes und zugleich zutrauliches Gebaren, verbunden mit Zahlenfimmel und Ordnungswahn, sind Louise zunächst ein Rätsel, offenbaren sich bei Nachforschungen aber als Folgen des Asperger-Syndroms, einer leichteren Form des Autismus. Der von Pierre forcierten engeren Beziehung steht Louise daher skeptisch gegenüber, doch mit der Zeit erweist er sich als der Richtige, um ihr bei der Bewältigung der privaten und wirtschaftlichen Probleme beizustehen.

In deutschen Händen wäre diese Geschichte wohl zu einer Heimatschnulze für den Sonntagabend im ZDF gediehen. Dank der gediegenen Inszenierung von Eric Besnard („Italienisch für Anfänger“) und richtig guten Hauptdarstellern entgeht „Le goût des merveilles“ (Originaltitel) diesem Schicksal. Wer mehr erwartet als die geordnete Bahn einer romantischen Komödie mit Landlust-Touch, wäre allerdings im falschen Film.  

Schau an, es gibt noch ein Frankreich ohne Terror, Migranten und Front national.

Zum Artikel

Erstellt:
16.06.2016, 11:11 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 52sec
zuletzt aktualisiert: 16.06.2016, 11:11 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.
Klex 17.04.201621:54 Uhr

Ein genialer kleiner Film. Ich weiß, dass die Wirklichkeit zu wünschen übrig lässt, aber man braucht sich trotzdem nicht verarscht zu fühlen, wenn einen mal was glücklich macht.
Nur der französische Titel ,,Le goût des merveilles" (,,Der Geschmack der Wunder") hätte besser gepasst als der trivialisierende deutsche.
Ich glaube, dass der intelligente Zuschauer nach diesem Film eine bessere Wirkung auf die ach so schlechte Welt hat als nach jedem sadistischen Tarantino oder einfach nur teuren Superman.
(Das gilt übrigens auch für ,,Much Loved", ein ziemlich guter Film, der einen aber doch recht ratlos zurücklässt: Geh ich nun nach Marrakesch in den Puff, damit die dort die endlich mal nen netten Kunden haben und nicht nur fiese reiche Saudis, oder bleib ich lieber allein zu Hause bei meiner Frau?)

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport