Leitartikel zum Thema Studiengebühren

Bildung kostet Geld

Der Landtag von Baden-Württemberg wird heute per Gesetzesbeschluss wieder Studiengebühren einführen. Nicht-EU-Ausländer müssen von Herbst an 1500 Euro pro Semester zahlen, ein Zweitstudium kostet 650 Euro. Das Gesetz wird keinen Beliebtheitspreis gewinnen, es ist aber vertretbar. Vielleicht demonstrierten auch deshalb zuletzt nur 2000 Menschen gegen die Pläne – in einem Land mit 350?000 Studenten.

03.05.2017

Von Axel Habermehl

Stuttgart. Viele Argumente wurden gegen die Gebühren vorgebracht. Sie seien unsozial, weil sie Ausländer mit wenig Geld treffen. Sie schadeten der Entwicklungshilfe und der Migrationsprävention. Die vielgerühmte internationale Mischung der Hochschulen sinke, weil Betroffene wegblieben. Außerdem leide die Wirtschaft, die weniger gut ausgebildete Arbeitskräfte bekomme und Exporte oder Auslandskooperationen oft mit Hilfe von Kontaktpersonen abwickle, die hierzulande studiert haben. Und erst der bürokratische Aufwand!

Fest steht: Dieses Gesetz diskriminiert. Es führt dazu, dass im Hörsaal zwei Gruppen von Studenten sitzen: Die einen zahlen, die anderen nicht – ein glasklarer Fall von Ungleichbehandlung. Doch was ist falsch daran? Hochschulen kosten Geld, das auch in einem der reichsten Staaten der Welt irgendwoher kommen muss. In Deutschland kommt es, abgesehen vom wachsenden Anteil der Drittmittel, aus den Staatskassen und damit vom Steuerzahler.

Das Land will das Geld zur Haushaltskonsolidierung nutzen, und dazu, die Schuldenbremse einzuhalten. Selbstverständlich könnte man auch anderswo sparen, doch absurd ist der gewählte Weg nicht. Ein Studium bringt Absolventen erheblichen Nutzen: bessere Lebenschancen, höhere Verdienstmöglichkeiten. Warum sollten deutsche Steuerzahler Ausländern eine Top-Ausbildung schenken?

Zumal Gebühren international nicht ungewöhnlich sind. Schweden, Österreich und Dänemark etwa haben ähnliche Regeln. Ganz abgesehen von den Rechnungen, die Oxford, Harvard oder die Sorbonne verschicken. Auch die Länder, aus denen die meisten internationalen Studenten hiesiger Hochschulen kommen, kennen Gebühren. Ein Drittel sind Chinesen und Inder, in deren Ländern viel höhere Beiträge fällig werden. Natürlich leben in diesen Ländern etliche Menschen in Armut, doch es gibt dort auch Firmen, die mit deutschen Unternehmen konkurrieren. Sollte Deutschland wirklich die Ausbildung von deren Mitarbeitern zahlen?

Um gröbste Härten zu mildern und aus integrationspolitischen Erwägungen wurden zudem Ausnahmen ins Gesetz geschrieben. Hochschulen können fünf Prozent der internationalen Studenten befreien, entwicklungspolitisch besonders relevante Fächer sind ausgenommen, Flüchtlinge auch, dazu gibt es mehr Stipendien.

Wie das alles wirkt, kann niemand seriös vorhersagen. Zu viele Variable sind im Spiel, zu individuell sind Entscheidungen für einen Studienort. Doch eine Prophezeiung sei gewagt: Baden-Württemberg wird nicht das einzige Bundesland bleiben, das solche Gebühren erhebt.

leitartikel@swp.de

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Erstellt:
03.05.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 04sec
zuletzt aktualisiert: 03.05.2017, 06:00 Uhr

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Carsten Peters 04.05.201722:08 Uhr

Bildung kostet Geld, aber Bildung bringt auch Geld. So ist das halt mit Investitionen. Und wer aus Geiz nicht investiert, der verliert irgendwann seinen Vorsprung.

Deutschland ist davon abhängig möglichst viele gut ausgebildete Fachkräfte zu bekommen. Und die kommen nicht nach Deutschland, wenn sie dafür zahlen müssen. Dann gehen sie in ein englischsprachiges Land.

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