Forschung

Bessere Nutzungskonzepte für seltene Baumart

Die Rottenburger Hochschule für Forstwirtschaft beteiligt sich an einem Projekt in Brasilien.

01.04.2017

Von rum

Eine Araukarie. Bild: HFR

Eine Araukarie. Bild: HFR

„Nah dran. Weit voraus“, lautet der Slogan der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg (HFR). Und nah dran ist sie an einem Forschungsprojekt im Bundesstaat Paraná in Brasilien. Dort fiel der HFR durch aktuelle politische Entwicklungen eine Rolle zu, die eine brasilianische Hochschule alleine nicht hätte übernehmen können, heißt es in einer Pressemitteilung der HFR.

Kaum ein Thema wird in Brasilien seit der Absetzung der Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff im Umweltbereich so kontrovers diskutiert wie das Nutzungsverbot für alle sogenannten „bedrohten Naturbaumarten“. Im Zentrum dieses von Naturschutzverbänden durchgesetzten, landesweiten Einschlagsverbot steht die Baumart Araukarie. Sie war über Jahrhunderte der „Brotbaum“ der Gesellschaft und der Holzindustrie, insbesondere im Süden Brasiliens – auch in Paraná, dem Partnerstaat Baden-Württembergs. Deshalb liegt der Fokus der Forschung eines gemeinsamen Projekts der HFR und der Universität UNICENTRO ebenfalls auf dieser Baumart.

Nutzungsverbot versus Forschung

Seit sechs Jahren geht es in dieser Arbeit, die zu drei Vierteln von der brasilianischen Seite finanziert wird, um die Frage, wie man diese inzwischen vom Aussterben bedrohte Baumart nachhaltig bewirtschaften könnte – und welche Rolle dabei vor allem kleine Landbesitzer und kleinbäuerliche Strukturen übernehmen können.

Das Nutzungsverbot führte nun dazu, dass auch die wissenschaftlich motivierte Holznutzung im Projekt ausgesetzt werden musste, obwohl diese gerade Hinweise darauf geben sollte, ob eine planmäßige Nutzung und ständige Erneuerung der Wälder nicht die erfolgreichere Schutzstrategie wäre. Es zeigt sich, dass das geltende Verbot genau das Gegenteil von dem bewirkt, was es eigentlich soll: die Waldbesitzer fürchten, dass jede Araukarie auf dem eigenen Grund und Boden dazu führen könnte, dass der gesamte Landbesitz unter Schutz gestellt wird. Deshalb sind sie darauf bedacht, jeden Araukarienkeimling auszureißen, bevor er von den Behörden „entdeckt“ und dann sofort geschützt wird.

Eine erfolgreiche Vermehrung der Araukarie und anderer Arten im Rahmen von nachhaltigen Nutzungskonzepten sei eines der Ziele der Arbeit mit den Landbesitzern in Paraná gewesen, erläutert der Projektleiter Prof. Artur Petkau. „Wenn die Gesetzgebung nicht überdacht wird, wird es schon sehr bald nur noch alte Araukarien geben“, sagt er. Die Baumart werde dann schon deshalb aussterben, weil der Nachwuchs fehle.

Viele brasilianische Fachleute und auch Fachbehörden, schreibt die HFR, sähen das genauso. Es lag deshalb nahe, sich für eine Reform des Schutzgesetzes einzusetzen und die Folgen am Beispiel des eigenen Projekts zu erläutern. Dabei zeigt sich, dass es für die Experten aus Deutschland wesentlich einfacher ist, sich fachlich und politisch einzusetzen, als für ihre brasilianischen Kollegen, denen immer wieder eigene politische und wirtschaftliche Interessen unterstellt wurden, schreibt die HFR.

In Abstimmung mit ihren brasiliansichen Kollegen führen Petkau und die Projektkoordinatorin der HFR, Amanda Frommherz, bei ihrem Forschungsaufenthalt in Paraná nun Gespräche im Interesse der Waldbesitzer und der Nachwuchssicherung für die Araukarie: Drei Fachminister, zwei Abgeordnete, mehrere Kommunalpolitiker, über 20 Eigentümer, mehr als zehn Professor/innen mehrerer Universitäten sowie der Direktor der wichtigsten Naturschutzbehörde standen für diesen Austausch zur Verfügung.

„Diese jüngste Entwicklung unseres Projekts zeigt die hohe Bedeutung der angewandten Forschung für aktuelle gesellschaftspolitische Fragestellungen“, sagt HFR-Rektor Bastian Kaiser, der selbst an einem Teil der Gespräche in Brasilien teilgenommen hat.