Volleyball-Bundesliga

Berlin schockt den Bodensee

Der Hauptstadtklub schnappt dem VfB Friedrichshafen den wichtigsten Titel der Saison weg.

08.05.2017

Von MORITZ HAGEMANN

„Nur“ Vizemeister: VfB-Spieler Michal Finger. Foto: Eibner

„Nur“ Vizemeister: VfB-Spieler Michal Finger. Foto: Eibner

Friedrichshafen. Tomas Rousseaux lag lange niedergeschlagen am Boden, das Trikot hatte sich der junge Belgier weit über den Kopf gezogen. Mit Hilfe des Maskottchens rappelte er sich wieder auf und hielt sich die Hände vor das Gesicht. Später sagte er: „Solche Tage sind eine Folter.“ Weil sein VfB Friedrichshafen die deutsche Meisterschaft nicht gewonnen hatte, sondern die BR Volleys in der erstmals in dieser Saison ausverkauften ZF-Arena am Bodensee feierten. 3750 Zuschauer sahen beim 1:3 (22:25, 27:25, 20:25, 22:25) ein packendes Finale.

„Friedrichshafen hat ja schon nach dem ersten Sieg in der Finalserie gefeiert, als hätten sie die Meisterschaft gewonnen“, sagte Berlins Manager Kaweh Niroomand, „das hat uns auch nochmal Motivation gegeben“. So drehten die BR Volleys einen 0:1-Rückstand in der Serie auf und entrissen dem VfB das angepeilte Triple aus Supercup, Pokalsieg und Meisterschaft. Der Berliner Trainer Roberto Serniotti, dessen Vertrag nach Differenzen mit Niroomand nicht verlängert werden soll, bilanzierte: „Den Titel haben wir verdient gewonnen.“

Weil Friedrichshafen im Saisonfinale eine Erfolgsgrundlage verloren ging: „Wir haben nicht die Lockerheit gehabt, die uns normalerweise auszeichnet“, sagte VfB-Kapitän Simon Tischer nach dem gestrigen Spiel. Auf dem Feld machte sich dies in vielen leichten Fehlern bemerkbar, während Berlin mit der größeren Erfahrung sicherer wirkte: „Friedrichshafen hatte in eigener Halle den Druck, sie konnten damit nicht so gut umgehen“, sagte Berlins Ruben Schott, der wegen seines überragenden Annahmespiels von VfB-Trainer Vital Heynen zum Spieler des Spiels gewählt wurde.

Die Enttäuschung stand den Häflern ins Gesicht geschrieben: „Die ganze Saison arbeiten wir dafür und werfen das dann so weg“, sagte der Norweger Andreas Takvam. Das Publikum in der ZF-Arena quittierte ein packendes Spiel und die Ehrung der Berliner dennoch mit großem Applaus. Für VfB-Kapitän Simon Tischer habe sein Team eine große Chance liegen lassen: „Aber wir werden wieder eine solche bekommen.“

Einer jedoch nicht: Diagonalangreifer Michal Finger, gestern mit 18 Punkten bester VfB-Scorer, wird nach Italien wechseln. Auf die Frage, was die 1:3-Pleite für ihn bedeute, überlegte er lange: „Ich wollte mit der Meisterschaft gehen. So gehen zu müssen tut einfach weh.“ Moritz Hagemann