Konzert

Bei aller Innovation: Sogar die Robotermusik blieb gefällig

Alles nur Zukunftsmusik oder wie hört sich die Musik von Morgen an? Nach dem sonntäglichen Konzert von Podium Esslingen wissen wir bescheid und werden es in hundert Jahren überprüfen.

22.08.2017

Von Martin Zimmermann

Konzentriert an ihren Instrumenten: Drei Musiker des Podium Esslingen.Bild: Franke

Konzentriert an ihren Instrumenten: Drei Musiker des Podium Esslingen.Bild: Franke

Wie hört sich die Musik von Morgen an? Kann ein Computer komponieren? Diesen Fragen stellten sich die acht Musiker des Podium Esslingen am Sonntag zum Abschluss ihres kleinen Festivals zum Thema „klingende Zeit“ im Sommerrefektorium Bebenhausen. Nachdem bereits bei der Matinée in der Kutscherhalle das „Sinfonische Gedicht für 100 Metronome“ von György Ligety (1923-2006) für Aufsehen gesorgt hatte, wurde am Abend ein Stück, das 2011 von einem Computer an der Universität Malaga komponiert wurde, mit Spannung erwartet. Das Klaviertrio „Hello World“ von besagtem Iamus Computer ist ein modernes, wenngleich unspektakulär gefälliges Stück, das, wenn es nicht als Computerkomposition angekündigt wird, nicht von der Arbeit eines menschlichen Komponisten zu unterscheiden ist. Welch gruselige Zukunft, in der Musikroboter die Werke von Kompositionsrobotern spielen und von Roboterjournalisten besprochen werden.

In Bebenhausen musizierten glücklicherweise acht menschliche Musiker und das vortrefflich. Wie in den Tagen zuvor waren dies junge Musiker aus ganz Europa unter der künstlerischen Leitung des erst 31-jährigen Cellisten Steven Walter.

Sie begannen mit einer Zukunftsvision aus dem Barock, „Le Chaos“ aus dem Zyklus „Les elements“ von Jean-Féry Rebel (1666-1747) einem Werk, das mit seinem chaotischen Beginn fast schon postmodern anmutet. Nachdem bereits erwähnten Computerstück griff Walter zu seinem immer wieder verwendeten Trick um neue und alte Musik miteinander in einen Dialog zu bringen: Er bettete ein Musikstück zwischen zwei Sätze eines anderen Musikstücks ein. So funktionierte „Whispered Lullaby“ der 1980 geborenen Dobrinka Tabakova als Sandwichbelag zwischen zwei atonalen Sätzen von Anton Webern (1883-1945) und Ludwig van Beethovens „Geistertrio“ als musikalische Käsescheibe zwischen zwei Sätzen des „Traumwerks Book 2 für Violine und Cembalo des 1950 geborenen James Dillon. Nach der Pause gab es wie in den beiden Tagen zuvor mit Franz Schuberts „Klaviertrio Nr.1, D 898“ ein vollständiges längeres Werk. Schubert passte thematisch, weil er ein Komponist war, der zu Lebzeiten kaum gespielt wurde, weil er stilistisch seiner Zeit voraus war. Hierbei begeisterten Cellist Andreas Voss und Pianist Mathias Halvorsen durch eine akzentuierte Interpretation,während Violinist Artiom Sishkov mit seinem emotionalen Spiel an das Charisma eines David Garrett erinnerte.

Bei aller Innovation in der Aufführungspraxis verzichteten die Musiker jedoch auch am Sonntag auf sperrige, schwer zugängliche Avantgarde und blieben mit ihrem Bebenhausener Programm im Rahmen dessen, was ein herkömmlich klassikbegeistertes Publikum an Hörgenuss schöner Musik erwartet. Die Ausflüge in den Elfenbeinturm blieben pittoreske Stippvisiten. „Wir wollen kein zweites Donaueschingen werden“ sagte Brigitte Russ-Scherer. Die ehemalige Tübinger Oberbürgermeisterin ist Vorstandsvorsitzende der Podium-Stiftung in Esslingen und hat die Verbindung ins Kloster Bebenhausen hergestellt. Am Freitag wurde Russ-Scherer von Kulturstaatssekretärin Petra Olschowsky begleitet, die das Bebenhausener Festival mit Mitteln des Ministeriums fördert.

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Erstellt:
22.08.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 24sec
zuletzt aktualisiert: 22.08.2017, 01:00 Uhr

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