Paarlauf

Aus den Flammen übers Eis in den Medaillen-Himmel

Aljona Savchenko und Bruno Massot zeigen in der Olympiasaison ein ungewöhnliches Programm. Im Februar soll es ihnen Gold bringen.

05.10.2017

Von MANUELA HARANT

Oberstdorf. Das schwarz-rot-goldene Flammenmeer auf Aljona Savchenkos Körper lodert und glitzert im Scheinwerferlicht, als Bruno Massot in der Oberstdorfer Eishalle in die Höhe reckt. Dazu ertönt ein rassiger Flamenco mit dem passenden Namen „Fire“. Das mit beste deutsche Paarlauf-Duo gibt zwar gerade „nur“ das Kurzprogramm zum Besten, und doch ist alles perfekt inszeniert. In der Olympia-Saison soll nichts dem Zufall überlassen werden. Die emotionale Steigerung soll wie immer in der Kür folgen, für die Savchenko noch mehr Aufwand betreibt, nachdem sie mit ihrem ehemaligen Partner Robin Szolkowy zweimal Olympia-Bronze gewonnen hat.

Seit 2014 trainiert die gebürtige Ukrainerin mit dem fünf Jahre jüngeren Massot in Oberstdorf. Seither gab es Bronze bei der Weltmeisterschaft 2016 in Boston und Silber im Januar in Helsinki. 2018 soll es erneut mit Medaillenambitionen zu den Winterspielen nach Pyeongchang gehen. Dafür müssen aber nicht nur die Figuren perfekt aufs Eis gebracht werden. Um etablierte Eiskunstlauf-Nationen wie Russland oder China zu schlagen, braucht es mehr: „Die Kür ist ein einzigartiges Kunstwerk, das geht von der Musikauswahl über die Choreographie bis zum Kostüm“, erklärt Savchenko.

„La Terre vue du Ciel“ (Die Erde vom Himmel) heißt das epische Stück, das bei der 33-Jährigen sofort Gänsehaut ausgelöst hat, als sie es zum ersten Mal hörte: „Da wusste ich, diese Musik ist etwas Besonderes, genau das wollten wir.“ Mit dem Titel im Gepäck reiste das Duo schließlich in die USA zur Eistanz-Legende Christopher Dean. „Es war immer mein Traum, eine Kür von ihm choreographieren zu lassen, und es war genau die richtige Entscheidung“, ist sich Savchenko sicher, dass der Einfluss aus der benachbarten Disziplin das i-Tüpfelchen auf ihr Paarlauf-Programm setzt.

Ebenfalls aus den USA kommen die Kostüme, die jeweils passend zum Thema geschneidert wurden: im Kurzprogramm mit Flammen zum Flamenco, in der Kür weiche, Farbübergänge zwischen lila und blau, wie sie oft am Himmel zu sehen sind. „Das Kostüm muss zum Programm passen“, erklärt Savchenko, und da überlässt sie nichts dem Zufall.

Das gilt auch für das Team hinter dem Team: Die Deutsche Eiskunstlauf-Union stellte dem Duo vor drei Jahren nicht nur den erfahrenen Trainer Alexander König zur Seite, sondern auch einen Mentalcoach aus Ofterschwang, der laut König „ein bis zweimal im Monat Ratschläge gib“.

Um die schwierigen Pirouetten, Würfe und Sprünge zu perfektionieren, wurde zudem am Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig an der richtigen Körperhaltung geforscht. „Ziel war es, das richtige Verhältnis aus Risiko und Qualität zu ermitteln“, erläutert Wissenschaftlerin Dr. Karin Knoll, die das Paar seit drei Jahren mit Video- und 3D-Analysen unterstützt. Wenn sie es dadurch in Pyeongchang schaffen sollten, den vierfachen Twist und den vierfachen Toeloop zu stehen, sind sie ganz vorne dabei. „Aber wir machen ihn erst, wenn wir uns wirklich gut dabei fühlen“, sagt Bruno Massot auf deutsch.

Dass der Franzose nach drei Jahren in der Bundesrepublik langsam, aber fließend antworten kann, war zwar ein hartes Stück Arbeit. Es ist aber zugleich ein wichtiger Mosaikstein für das Unternehmen Olympia-Gold. Denn abgesehen von der sportlichen Qualifikation, die für die beiden reine Formsache sein dürfte, fehlt dem 28-Jährigen immer noch der deutsche Pass. Massot ist schon zweimal durch den Einbürgerungstest gefallen, doch Sportdirektor Udo Dönsdorf beschwichtigt: „Wir sind hier bereits sehr weit und im zeitlichen Limit.“ Es wird wohl eine Punktlandung, wie sie Massot und Savchenko auch auf dem Eis brauchen. Dann jedoch ist nicht nur irgendeine Olympia-Medaille, sondern sogar die goldene drin.

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Erstellt:
05.10.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 50sec
zuletzt aktualisiert: 05.10.2017, 06:00 Uhr

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