„Ich will, dass die Leute lächeln“

Auf dem Münchner Filmfest erzählen Regisseure vom Alltag in arabischen Ländern

In arabischen Ländern regiert Gewalt. Doch viele Menschen dort haben trotzdem einen Alltag und Träume, wie Filme auf dem Filmfest München zeigen.

01.07.2016

Von CORDULA DIECKMANN, DPA

„El Clásico“: Zwei Brüder aus dem Irak wollen nach Madrid. Foto: dpa

„El Clásico“: Zwei Brüder aus dem Irak wollen nach Madrid. Foto: dpa

München. Was in Europa aus den Ländern im Nahen und Mittleren Osten zu hören ist, ist selten positiv. Krieg, Selbstmordanschläge und das Leid der Flüchtlinge bestimmen die Nachrichten. Der Filmemacher Halkawt Mustafa bedauert das. „Alle denken, jeder weint die ganze Zeit“, sagt der kurdische Regisseur aus dem Irak, der mittlerweile in Norwegen lebt. Er will den Zuschauern seiner Filme das normale Leben seiner Heimat zeigen, den Irak „aus menschlicher und nicht aus politischer Sicht. Ich will, dass die Leute lächeln.“ Mit seinem Roadmovie „El Clásico“ ist ihm das gelungen. Auf dem Filmfest München hat er die wunderbare Geschichte über zwei kleinwüchsige Brüder vorgestellt, die unbedingt nach Madrid wollen, um dort Fußball-Superstar Cristiano Ronaldo zu treffen.

So wie Mustafa denken auch andere Filmemacher. Der Iraner Morteza Farshbaf etwa. „Avalanche“ erzählt von einer Frau aus Teheran, die eine schwerkranke alte Dame pflegen soll. Doch das bringt sie an ihre Grenzen, erst recht, weil es plötzlich heftig und ausdauernd anfängt zu schneien. Es sind Szenen eines Lebens, wie es überall sein könnte. Dazwischen ein Auf und Ab der Gefühle und kleine Momente menschlicher Nähe. „Kino ist eine der wenigen Möglichkeiten, wo man die wirkliche Sicht auf unser Leben zeigen kann, abseits der Politik“, sagt Farshbaf.

Doch die Bedingungen, unter denen die Filme entstehen, sind schwierig. Gerade in Ländern mit fundamentalistischen Strömungen sehen sich die Filmemacher mit vielen Einschränkungen und Zensur konfrontiert, wenn ihre Streifen im eigenen Land überhaupt gezeigt werden dürfen. Und manche Themen wie Sexualität oder Kritik am Islam sparen sie lieber aus.

Ganz außen vor bleibt das politische Geschehen dennoch nicht. Mohamed Diab etwa lässt seinen emotional aufgeladenen Film „Clash“ über die Revolution in Ägypten in einem Gefängniswagen der Polizei spielen, der sich seinen Weg durch die aufgebrachten Massen bahnt. An Bord sind ein Haufen Menschen mit kontroversen nsichten und Polizisten.

Stellung wollte Diab bewusst nicht beziehen. Stattdessen kam es ihm auf das an, was im Wagen passiert. „Es geht um Menschlichkeit und das, was die Leute vereint.“ Das ist auch das Thema von Mai Masris „3000 Nights“ über eine palästinensische Lehrerin, die unschuldig im Gefängnis sitzt und dort einen Sohn zur Welt bringt. „Menschliche Geschichten sind mir sehr wichtig“, erklärt sie. „Wir sind Leute mit einem Gesicht.“

Am meisten fehlt es den Filmemachern an Geld. Fördertöpfe gibt es kaum, so gelingt das Werk meist nur mit Hilfe aus dem Ausland. „Europa ist sehr wichtig für uns“, erklärt der türkische Regisseur Emin Alper, der in „Frenzy“ die Angst vor dem Terror in Istanbul schildert.

Dass das Geld aus westlichen Ländern nicht nur gute Folgen hat, diese Erfahrung musste der Ägypter Diab machen, nachdem er seinen politisch motivierten Film beim Filmfestival in Cannes vorgestellt hatte. Auf einmal habe es geheißen, sein Film sei vom Westen finanziert und er ein Spion – alles wegen des Geldes aus Frankreich. „Es ist ein Segen und ein Fluch, aber trotzdem wäre ich lieber verflucht, als gar keinen Film zu machen.“

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Erstellt:
01.07.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 35sec
zuletzt aktualisiert: 01.07.2016, 06:00 Uhr

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