Uschi Kurz über Freud und Leid des Älterwerdens

Auf Schnäppchenjagd im Kleiderschrank

Nein, es ist nicht schön, wenn man älter wird. Wenn man plötzlich die 100 Meter nicht mehr unter 20 Sekunden läuft oder für die Alpenüberquerung ein E-Bike braucht. Wenn man von den neuen Urlaubsbekanntschaften nicht mehr gefragt wird, ob man Kinder, sondern wie viele Enkel man schon hat. Gewöhnungsbedürftig.

25.10.2017

Von Uschi Kurz

Auch auf die Erfahrung alle zwei Jahre die Gleitsichtbrille wechseln zu müssen, weil man das Kleingeld nicht mehr zählen kann, würde ich gerne verzichten. Daran, dass man das Kleingedruckte nicht mehr lesen kann, hat man sich ja ohnehin längst gewöhnt. Auch dass man nach einem 8-Stunden-Tag am Schreibtisch bei maximal verkrampfter Haltung (damit ja das blöde Headset beim Telefonieren nicht verrutscht) heftige Nackenschmerzen hat. Geschenkt.

Aber dass man dann, wenn man sich des abends ein wärmendes Pflaster auf die schmerzenden Muskeln pappen möchte, in der Gebrauchsanweisung lesen muss, dass man ab 55 Jahren das Pflaster vorsichtshalber nicht mehr direkt auf die Haut aufbringen soll, weil sonst die Gefahr von Brandwunden bestünde. Das ist dann schon eine leichte Enttäuschung.

Nicht schön ist auch die Erfahrung, dass man Informationen schneller wieder vergisst, als sie der Gesprächspartner durchs Telefon geschickt hat. Doch ob Sie es glauben oder nicht, es gibt durchaus auch Positives aus dem Land der Grauen und Beigen zu vermelden. Nicht, dass ich jeden Morgen meinen Gegenüber am Frühstückstisch neu kennenlernen darf. So weit ist es glücklicherweise noch nicht. Aber die Vergesslichkeit spart definitiv Geld.

Dieser Tage habe ich meinen Kleiderschrank von Sommer auf Winter umgerüstet. Unter den Klamotten, die ich im Frühjahr eingemottet hatte, haben sich Teile befunden, von denen ich nicht einmal ahnte, sie jemals in meinen Besitz gebracht zu haben. Okay, die Größe passte und diejenige, die sie ausgewählte hatte, besaß offensichtlich auch einen erlesenen Geschmack, was ja durchaus auf mich zutreffen könnte. Aber, dass ich mich so gar nicht mehr an die Hosen und Oberteile erinnern kann, machte mich doch reichlich verdrießlich.

Aber was soll’s? Einem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nicht ins Maul. Und wer weiß, vielleicht gelingt es mir durch geschickte Kombination der wiedergefundenen Teile einen neuen Trend für die reife Dame zu setzen. Wenn Sie mich mal eben kurz entschuldigen – ich muss zur Schnäppchenjagd in den Kleiderschrank. Einen Namen für mein Label habe ich übrigens auch schon: Geri Art. Wenn ich ihn bis morgen nicht vergessen habe.

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Erstellt:
25.10.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 06sec
zuletzt aktualisiert: 25.10.2017, 01:00 Uhr

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