Übers Porto nicht wundern

Alle Rottenburger Wahlbenachrichtigungen sind verschickt – aber nicht alle zum gleichen Preis

Bundestagswahl Etliche Wahlberechtigte in Rottenburg erhalten ihre Benachrichtigung mit 70-Cent-Frankatur. Mehrkosten trägt S-Mail.

29.08.2017

Von Gert Fleischer

Eine mit 70 Cent recht teuer frankierte Wahlbenachrichtigung von der Stadt Rottenburg. Bild: Fleischer

Eine mit 70 Cent recht teuer frankierte Wahlbenachrichtigung von der Stadt Rottenburg. Bild: Fleischer

„Hallo liebe Redakteure, können Sie mir erklären, warum die Wahlbenachrichtigungen mit 70 Cent Porto verschickt sind? War ein Versand als preiswertere Massendrucksache nicht möglich?“ Das fragte uns eine Leserin aus Bad Niedernau per Mail vor einigen Tagen. Wir staunten auch und recherchierten. Fazit: Verschwendung von Steuergeld scheint nicht vorzuliegen.

Diese Leserin, die keinem besonderen Personenkreis angehört und seit 1971 in Bad Niedernau wohnt, dürfte bei weitem nicht die einzige gewesen sein, die eine derart kostspielig beförderte Wahlbenachrichtigung bekommen hat. Denn dafür gibt es Gründe, wie Gerold Egerter im Rottenburger Rathaus nach seinerseitiger Rücksprache bei S- Mail erklärte. Egerter ist der Zuständige für die Bundestagswahl bei der Stadtverwaltung.

S-Mail, ein Konkurrenzunternehmen der Deutschen Post AG, hatte den Auftrag bekommen, Tausende von Wahlbenachrichtigungen zu verschicken. Aber S-Mail trägt nicht in allen Gebieten Rottenburgs Briefe aus. Der Wohnort in Bad Niedernau, wo die Fragestellerin lebt, gehöre dazu.

Solche Gebiete gebe S-Mail sofort an die Deutsche Post ab, und die versendet sie offensichtlich zu gewöhnlichem Briefporto. Die Stadt Rottenburg bezahlt trotzdem nur das mit S-Mail vereinbarte Porto. „Für die Mehrkosten, die dadurch bei der Frankierung entstehen, kommt S-Mail auf“, versichert S-Mail. Es handelt sich also um eine unternehmerische Entscheidung von S-Mail, Zusatzkosten in Kauf zu nehmen, um den Gesamtauftrag zu erhalten.

Bei der Bundestagswahl bekommt die Stadt Rottenburg wie andere Städte vom Bund eine Kostenpauschale pro Wähler, sagte Egerter.

Gestern meldete S-Mail, dass es nun alle Wahlbenachrichtigungen abgeschickt habe. Wer bis jetzt keine bekommen hat, sollte sich bei der Stadt erkundigen, ob er ins Wählerverzeichnis eingetragen ist.

Ein besonderer Fall des Postversands von Wahlunterlagen betrifft die Auslandsdeutschen. Das sind Deutsche, die seit längerem im Ausland leben, keinen Wohnsitz mehr in Deutschland haben, aber in Deutschland wählen wollen. Sie müssen rechtzeitig vor einer Wahl mit einem amtlichen Formblatt beantragen, dass sie ins Wählerverzeichnis aufgenommen werden. So soll sichergestellt werden, dass die Anschrift noch stimmt. Wer länger als 25 Jahre bereits im Ausland lebt, muss nachweisen, dass er mit den politischen Verhältnissen in Deutschland vertraut sind. Der bloße Konsum deutschsprachiger Medien im Ausland reicht als Nachweis nicht aus. Ist jemand länger als 25 Jahre von Deutschland weg, geht auch das nicht mehr.

Nach Egerters Eindruck haben Auslandsdeutsche bei der jetzigen Bundestagswahl wieder mehr Interesse, ihre Stimme per Briefwahl abzugeben. Auch insgesamt rechnen die Experten mit einer etwas höheren Wahlbeteiligung als bei der Bundestagswahl 2013.

Auslandsdeutsche, die zuletzt in Rottenburg wohnten, gibt es beispielsweise in Uganda, Argentinien oder Neuseeland. Da würden auch die 70 Cent der Deutschen Post nicht ausreichen, um die Wahlbenachrichtigung ans Ziel zu bringen.

Die ganz gewöhnliche Nachfrage nach Briefwahlunterlagen ist hoch, etwa 200 verschickt die Stadt pro Tag. Sie können schriftlich (Brief, Mail, Fax), mündlich (Anruf) oder elektronisch (über die Homepage der Stadt) beantragt werden. Oder Wahlberechtigte holen sie persönlich im Rottenburger Rathaus ab. Dort könnten sie sogar gleich wählen und ihren Stimmzettel in die Urne stecken. Eine Wahlkabine ist bereits aufgebaut.

Die Telefonnummer in Rottenburg für alle Fragen zur Wahl ist 0 74 72 / 165-466.