Öffentlicher Nahverkehr

Abenteuer unterwegs nach Ofterdingen (15)

05.08.2016

Von Hans-Joachim Lang

Will unser Autor an seiner Ofterdinger Bushaltestelle auf Augenhöhe sein mit dem Fahrplan, geht er in den Liegestütz. Dem Bus musste er ausnahmsweise nicht hinterhersprinten. Den hat TAGBLATT-Fotograf Klaus Franke nachträglich ins Bild montiert.

Will unser Autor an seiner Ofterdinger Bushaltestelle auf Augenhöhe sein mit dem Fahrplan, geht er in den Liegestütz. Dem Bus musste er ausnahmsweise nicht hinterhersprinten. Den hat TAGBLATT-Fotograf Klaus Franke nachträglich ins Bild montiert.

Wer mit dem Öffentlichen Nahverkehr von Tübingen nach Ofterdingen beziehungsweise von Ofterdingen nach Tübingen fahren möchte, lernt mit dem Konjunktiv umzugehen. Denn so wie Aussagen im Konjunktiv häufig nur in den Bereich des Möglichen fallen, verhält es sich auch mit Bus und Bahn. Zum Beispiel: Der Fahrplan verspricht, es führe ein Bus oder er träfe um eine bestimmte Zeit ein, tatsächlich kommt er aber nicht oder aber zu einer unbestimmten Zeit. Oder, Konjunktiv II: Würde man möglicherweise rechtzeitig mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Ofterdingen zum Stuttgarter Flughafen gekommen sein, hätte man dafür länger gebraucht als für den anschließenden Flug nach Berlin. Vorausgesetzt jedoch, Busse und Züge verkehrten pünktlich.

Tatsache ist, dass mitunter mehr als die Stunde Flugzeit zwischen Stuttgart und Berlin verstreichen kann, ohne dass man in Ofterdingen oder in Mössingen überhaupt von Fleck gekommen ist. Das klingt komplizierter als es ist. Man muss nämlich nur einmal an einer dieser Bushaltestellen gestanden sein, an der kein Bus vorfuhr, obwohl man sich dieser Hoffnung hingegeben hatte, dann weiß man, wie sich das anfühlt. Seit ich aus solchen Gründen einmal den gebuchten Flug nach Berlin nicht erreicht habe, empfehle ich Ofterdingern, die in ähnlichen Situationen auf den Öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind, vorsichtshalber am Abend vorher im Stuttgarter Airport-Hotel einzuchecken und zu übernachten.

Vorige Woche hatte ich am Mittwochvormittag frei und wollte um 12 Uhr zur Redaktionskonferenz in Tübingen sein. EFA, die Elektronische Fahrplanauskunft empfahl: Abfahrt an meiner Ofterdinger Haltestelle um 11:00 Uhr, Ankunft in Mössingen am Bahnhof um 11:09 Uhr, Weiterfahrt mit der Hohenzollerischen Landesbahn um 11:12 Uhr, Ankunft am Tübinger Hauptbahnhof um 11:27 Uhr.

So weit, so gut – wäre es gewesen, wenn der Bus nicht verspätet eingetroffen wäre und deswegen die Bahn aus Mössingen nicht schon sowas von abgefahren gewesen wäre! Somit hätte ich denn auf dem reizarmen Mössinger Bahnhofsgelände entweder eine Stunde und sieben Minuten bis zum nächsten Zug verbringen müssen, mit dem ich um 12:30 Uhr hätte in Tübingen sein können. Wäre ich der EFA gefolgt, hätte ich sogar schon um 12:23 Uhr in Tübingen ankommen können, und zwar mit dem Bus ab 11:19 Uhr über Öschingen, Gönningen, Bronnweiler nach Reutlingen und von dort mit dem Zug nach Tübingen.

Obwohl ich diese landschaftlich überaus liebenswerte Route in einer anderen verzweifelten Situation schon getestet habe, hielt ich es in diesem noch dringenderen Fall für klüger, mit dem Bus um 11:19 Uhr von Mössingen zurück nach Ofterdingen zu fahren und von dort um 11:19 Uhr die Reststrecke nach Tübingen mit dem Fahrrad zurückzulegen. Das hätte aber nur dann eine erfolgreiche Notlösung sein können, wenn der Busfahrer an dem wegen Bauarbeiten beeinträchtigten Bussteig mit einem Passagier gerechnet hätte und nicht mit größmöglicher Unachtsamkeit vorbeigebraust wäre, oder doch wenigstens vor dem Ausbiegen aus dem Busbahnhofgelände in einen seiner vielen Rückspiegel geschaut und den gestikulierend hinterhersprintenden ÖPNV-Loser wahrgenommen hätte.

Mit anderen Worten: Die Nahverkehrsverbindung zwischen Ofterdingen und Tübingen ist, eingedenk der 14 Vorgängerfolgen dieser Serie, die unzuverlässigste, weil: verlottertste, weit und breit.

Vorgesternmorgen um 8:19 Uhr kam übrigens auch kein Bus. Nach einer Viertelstunde Anruf bei der Regionalverkehr Alb-Bodensee RAB mit der Frage: „Wo bleibt der Bus?“ Antwort: „Der ist bei uns mit acht Minuten Verspätung angezeigt, der ist noch nicht ganz verloren.“ Nach einer halben Stunde bin ich nach Hause und habe mich aufs Rad geschwungen. Wann ist ganz verloren?

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Erstellt:
05.08.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 48sec
zuletzt aktualisiert: 05.08.2016, 01:00 Uhr

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