Kommentar Öffentlicher Nahverkehr

Abenteuer unterwegs nach Ofterdingen (1)

Wettergott sei Dank herrschte am Dienstagspätabend Nebel. Er bewirkte, dass der Bus von Reutlingen nach Mössingen dort eine Viertelstunde zu spät eintraf, ehe er nach Ofterdingen weiterfuhr. Ich erhaschte ihn darum gerade noch, obwohl mein Zug, der um 22.34 Uhr von Tübingen nach Mössingen abfahren sollte, eine Viertelstunde Verspätung hatte.

06.12.2013

Von Hans-Joachim Lang

Der Vorteil des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist, dass man in Alternativen denken lernt. Das macht lebenstüchtig. Wäre mir der Bus nach Ofterdingen entwischt, hätte ich schon nach fünf Minuten Wartezeit die nächste Verbindung gehabt. Um 23.15 Uhr – allerdings zurück nach Tübingen. Wieder mit dem Zug. Für Städter mag das abwegig klingen, aber für unsereiner ist das nur ein kleiner Umweg. Ist der Zug nämlich einigermaßen pünktlich, muss man nur vom Bahnsteig durch die Unterführung hindurch hinüber zum Busbahnhof rennen, dann erreicht man dort den letzten Bus nach Ofterdingen, diesmal direkt. Geschenkt, dass der dann nicht mehr alle Ortshaltestellen ansteuert und man noch einen knapp halbstündigen Fußweg vor sich hat.

Man kann das auch als einen weiteren Vorteil sehen, denn der ÖPNV hält in Bewegung. Andere besuchen Muckibuden und Lauftreffs, ich habe eine Naldo-Monatskarte. Ich bin darauf eingestellt, dass der Bus aus Ofterdingen am hintersten Zipfel des Mössinger Busbahnhofs parkt, derweil der Anschlusszug nach Tübingen am Bahnhof einrollt. Mit Spurtstärke hat man Vorteile. Ansonsten das Nachsehen auf die Schlusslichter der Hohenzollerischen Landesbahn.

Dankbar bin ich für die Naldo-Internet-Auskunft, die mir um 12.05 Uhr eine Verbindung von Ofterdingen mit dem Bus nach Dußlingen und dort die unmittelbar anschließende Weiterfahrt mit dem Zug nach Tübingen anzeigt. Theoretisch wenigstens. Praktisch kann es passieren, dass der Busfahrer vor Dußlingen ein Päuschen am Straßenrand einlegt und sich aus der Thermoskanne einen Becher Kaffee einschenkt – derweil in Dußlingen der Zug abfährt. Nicht so schlimm für den, der Zeit hat. Denn man kann bequem im Bus sitzen bleiben und über Gomaringen und Stockach nach Tübingen gelangen. ÖPNV ist nämlich abwechslungsreich. Dauert nur ein halbes Stündchen länger.

Ein andermal sagte ich beim Einsteigen, dass ich in Dußlingen den Zug erreichen müsse. Dann stoppte der Bus an der regulären Haltestelle in der Wilhelm-Herter-Straße, einen kleinen Dauerlauf vom Bahnhof entfernt. Schnaufend fragte ich mich, wieso die Haltestelle nicht dort ist.

Spannend wird es, wenn man samstags um 15 Uhr mit dem Zug die Heimfahrt antritt. Zweimal im November war bei der Ankunft in Mössingen der Anschluss-Bus abgefahren. Das heißt: knapp zwei Stunden Zwangspause. Es eröffnet die Chance, sich auf die lebendige Ortsmitte Mössingens und ihre ungeheuren Zerstreuungsmöglichkeiten einzulassen. Das nächstgelegene Café sind die Stehtische bei Lidl oder im Baumarkt. Aus Verzweiflung könnte man sich genauso gut in aller Ruhe erschießen. Mitkriegen würde das ohnehin niemand. ÖPNV kann auch sehr kurzlebig sein.

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