Auf Burg Hohenzollern gedrehter Hollywoodfilm im Kino

A Cure for Wellness: Aale, Aale, überall Aale

Der millionenschwere Hollywood-Horror „A Cure for Wellness“ läuft jetzt im Kino. Blockbuster-Regisseur Gore Verbinski drehte große Teile des Films rund um die Burg Hohenzollern.

24.02.2017

Von Eike Freese

Auf dem Grund des Beckens aalt sich das Unbekannte:Der Drehort auf der Burg Hohenzollern wurde per Digitaltechnik in die Alpen verleg.

Auf dem Grund des Beckens aalt sich das Unbekannte: Der Drehort auf der Burg Hohenzollern wurde per Digitaltechnik in die Alpen verleg.

In diesem Film ist einfach alles drin. Alles, was nur irgendwie taugt, Panik zu machen. Zahnarztbohrer und dunkle Wälder, schielende Dorfbewohner und Wildunfälle auf der Kreisstraße, die erste Menstruation, ein autoritärer Chef und jede Menge Aale. Einfach alles drin – vor allem die Aale. Am Ende sind es so viele Aale, dass es für mehrere „Blechtrommel“-Verfilmungen gereicht hätte – inklusive Catering für die Statisten.

„A Cure for Wellness“ ist eine US-amerikanisch-deutsche Koproduktion, ein Mystery-Thriller mit einem geschätztem Budget irgendwo zwischen 40 und 70 Millionen Dollar. Die kolportierten Zahlen variieren – doch sicher ist „Cure“ die größte Hollywood-Produktion, die je einen Fuß in die Region Neckar-Alb gesetzt hat.

Der Film erzählt die Geschichte des jungen New Yorker Investmentberaters Lockhart (Dane DeHaan). Dessen geschätzter CEO ist mitten in einem finanzträchtigen Fusions-Geschäft in einem Schweizer Sanatorium verscholllen – und der bleiche Karrierist soll den Chef zurück an den Schreibtisch bringen. Das klappt natürlich nicht: Im Luxus-Heilbad verschwinden Patienten, die Bewohner legen beängstigende Verhaltensauffälligkeiten an den Tag und so richtig gesund schauen sie auch nicht aus. Richtig gut geht’s in „A Cure for Wellness“ nur den Aalen. Der Titel ist doppeldeutig: eine Kur für‘s Wohlbefinden – Heilung vom Wohlbefinden.

Gefangen im Horror-Heilbad

Blockbuster-Regisseur Gore Verbinski („Fluch der Karibik“) erschafft in satten 147 Minuten einen albtraum-, halbtraumhaften Kosmos, der vor allem mit seiner stilistischen Konsistenz überzeugt. Das Heilbad, eine klaustrophobische Parallelwelt im Nirgendwo, zeigt die archaische Medizinsphäre der Vorkriegszeit, mit kalten Wickeln, Dampfbad und Massagen auf stahlharten Liegen. Ein kalter Farbfilter liegt über allen Szenen und Verbinski gibt der Atmosphäre alle Zeit, sich zu entwickeln. Einer dezidiert teutonischen Atmosphäre übrigens: Das medizinische Grauen von „A Cure for Wellness“, auch die Protagonisten bis hin zum Pflegepersonal, wollen weniger Frankenstein- als vielmehr Mengele-Assoziationen wecken. Eine explizite Prise „Zauberberg“ steckt drin – und ein paar Zitate, die aus der übrigen Mannschen Gesundheitsprosa hätten stammen können.

Eines der stilgebenden Elemente im Film ist der markante Steinbau der Burg Hohenzollern, die hier die Außen-Architektur des Sanatoriums abgibt. Die Türme der Burg, ihre Basteien, Tunnels und Skulpturen, sind wichtiger Baustein der aus der Zeit gefallenen Gruselwelt des Streifens. Insgesamt rund 15 Minuten Auftritt hat die fürstliche Immobilie im Film.

Doch minutengenau ist das gar nicht zu bestimmen. Denn während Hauptdarsteller Dane DeHaan im Film etwa vom Dorf-Bahnhof ins Sanatorium fährt, durchquert er Drehorte in vier verschiedenen Bundesländern: Der Bahnsteig liegt im thüringischen Oberhof, die Burg auf dem Zollern, der Innenhof im brandenburgischen Beelitz und die Hallen des Sanatoriums im sächsischen Zwickau. Zudem heißt „Location“ im Zeitalter der digitalen Filmtechnik nicht mehr das, was es früher mal hieß. Für „Cure“ verlegte Verbinski die Burg tricktechnisch in die Alpen. Bühnenbildner arbeiteten zudem monatelang daran, auf der Burg künstliche Treppen einzuziehen, Extra-Türmchen zu bauen, ganze Pool-Anlagen auf Freiflächen zu errichten (siehe die Bilder oben).

Handlung, Ausstattung und geplante Atmosphäre von „A Cure for Wellness“ hatten für Regisseur Verbinski schon zu einem frühen Zeitpunkt der Planung den Drehort Deutschland festgelegt. Für die Filmstudios Babelsberg fand der langjährige Location-Scout Markus Bensch angemessene Stellen in Ost- und Süddeutschland. Die Burg Hohenzollern, sagt Bensch, war geradezu alternativlos für den Dreh: „Wir suchten nach einer großen Burg, die solitär auf einem Berg steht“, so Bensch zum TAGBLATT: „Unter der Burg sollte es ein kleines Dorf geben können – und die Burg selbst sollte optisch dafür taugen, ein 5-Sterne-Sanatorium zu beherbergen.“ Im Januar 2015 gab es den ersten Kontakt zum Haus Hohenzollern, bereits sechs Monate später begannen die Dreharbeiten.

Der Aufwand war enorm, rund 500 Leute umfasste das internationale Team, das während zwölf Tagen im Juli 2015 unter der Burg lagerte. Dazu kamen hunderte Mitarbeiter aus der Region: 700 Stunden Schicht schoben Feuerwehrleute aus Bisingen. 30 Security-Mitarbeiter strichen pausenlos durch die Wälder, um Wanderer umzuleiten. Zuvor mussten Statiker die Zugbrücken auf Belastbarkeit prüfen, ein Landwirt präparierte eine Weide, damit der Helikopter für die Luftaufnahmen landen konnte, 70 schwäbische Statisten bevölkerten eine archaische Ritual-Szene, Baumkletterer säbelten störende Wipfel ab, die beim Dreh die Sicht auf die Burg versperrt hatten. „Und doch lohnt sich der Aufwand“, so Babelsberg-Produzent Markus Bensch: „Ein guter Drehort gibt eine enorm authentische Atmosphäre und auch die Schauspieler agieren völlig anders als im Studio.“

Zudem gab es bei „Cure“ eine Menge digitale Post-Produktion, die zum Teil ebenfalls im Land blieb, etwa bei den Stuttgarter Effekt-Spezialisten „Rise“. Das und die hiesigen Hauptdrehorte waren Voraussetzung für die enorme Filmförderung aus Deutschland: Neben der Stuttgarter Medien- und Filmgesellschaft (400 000 Euro) und weiteren Landesgesellschaften gab allein der Deutsche Filmförderfonds mehr als 8 Millionen Euro – fast ein Fünftel des jährlichen DFFF-Gesamtbudgets.

8 Millionen Euro Förderung

Nach dem Stanley Kubrick-Werk „Barry Lyndon“ ist „A Cure for Wellness“ der künftig wohl prominenteste Kino-Botschafter für die Burg Hohenzollern. „Wir sind da stolz drauf“, sagte Burg-Verwalterin Anja Hoppe dem TAGBLATT. Erste Image-Erfolge für die Zollern-Residenz sind bereits jetzt spürbar: Am Mittwoch, einen Tag vor dem offiziellen Kinostart in Deutschland, kamen erste Verbinski-Fans aus Frankreich auf die Burg. Mit der Veröffentlichung des Films, so Anja Hoppe, gibt es nun Zusatz-Schulungen für das Burg-Personal: Der Grusel-Tourismus von Kinofreunden ist für die kommenden Monate fest eingeplant.

Bühnenbildner schufen Extra-Türme und einen tonnenschweren Pool.

Bühnenbildner schufen Extra-Türme und einen tonnenschweren Pool.

Gefangen im Gesundheitswesen: Dane DeHaan.

Gefangen im Gesundheitswesen: Dane DeHaan.

Prominenz, vor allem hinter der Kamera

Regisseur Gore Verbinski arbeitete für „A Cure for Wellness“ mit der

dreifach Oscar-nominierten Bühnenbildnerin Eve Stewards („The King’s Speech“) und der oscarprämierten Kostümbildnerin Jenny Beavan („Mad Max: Fury Road“) zusammen. Neben Hauptdarsteller Dane DeHaan spielen Jasons Isaacs und Mia Goth tragende Rollen. Kinostart war am gestrigen Donnerstag. „A Cure for Wellness“ ist ab 16 Jahren freigegeben.

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Erstellt:
24.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 57sec
zuletzt aktualisiert: 24.02.2017, 01:00 Uhr

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