Jahresbilanz der Tübinger Wohnungsgesellschaft

14 Millionen für neue Wohnungen

Die Tübinger Wohnungsgesellschaft GWG investierte 2016 soviel wie nie zuvor in den Neubau und die Modernisierung von Wohnraum.

01.07.2017

Von Volker Rekittke

Es ist eines der langwierigsten Projekte der GWG: Bestehende Mehrfamilienhäuser, deren Sanierung nicht wirtschaftlich gewesen wäre, werden an der Sindelfinger Straße 32-40 durch Neubauten ersetzt. Schon 2007 gab es dazu bei der GWG erste Besprechungen, doch Konflikte mit Nachbarn, politisch gewollte Änderungen und der Hochwasserschutz verzögerten den Bau immer wieder. 2018 sollen die 40 Wohnungen, darunter 16 geförderte, nun endlich fertig sein. Auf der Baustelle: der neue GWG-Geschäftsführer Uwe Wulfrath (links) und sein Vize Paul Schmid. Bild: Metz

Es ist eines der langwierigsten Projekte der GWG: Bestehende Mehrfamilienhäuser, deren Sanierung nicht wirtschaftlich gewesen wäre, werden an der Sindelfinger Straße 32-40 durch Neubauten ersetzt. Schon 2007 gab es dazu bei der GWG erste Besprechungen, doch Konflikte mit Nachbarn, politisch gewollte Änderungen und der Hochwasserschutz verzögerten den Bau immer wieder. 2018 sollen die 40 Wohnungen, darunter 16 geförderte, nun endlich fertig sein. Auf der Baustelle: der neue GWG-Geschäftsführer Uwe Wulfrath (links) und sein Vize Paul Schmid. Bild: Metz

Das Jahr 2016 war für die 37 GWG-Mitarbeiter eines der anstrengendsten aller Zeiten: Parallel zu allen regulär geplanten Bauprojekten trieb das Team der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft auch vier Gebäudekomplexe für die dauerhafte Unterbringung von Flüchtlingen voran – an der Waldhäuser und der Europastraße, der Sidler- und der Ludwig-Krapf-Straße. 7,2 Millionen Euro steckte die GWG in die Flüchtlings-Häuser, mit 6,7 Millionen ungefähr die gleiche Summe in die regulären Neubauten (davon 4,1 Millionen für sozialen Wohnungsbau). Macht zusammen fast 14 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahr hat die GWG für Neubauten insgesamt 4,5 Millionen Euro ausgegeben (2014: 5,7). Hinzu kommen 8,5 Millionen Euro für (energetische) Sanierung und Instandhaltung.

„Die GWG hat das eine getan, ohne das andere zu lassen“, sagt Uwe Wulfrath, der neue GWG-Geschäftsführer. „Kein einziges reguläres Projekt wurde zurückgestellt, als die Stadt der GWG den Auftrag gab, möglichst schnell mehrere Gebäude für Flüchtlinge zu errichten.“ Wulfrath ist Nachfolger des langjährigen GWG-Geschäftsführers Gerhard Breuninger, der Ende April in den Ruhestand ging.

Klar ist angesichts der glatten Verdreifachung der Bautätigkeit im Jahr 2016 aber auch: „So etwas kann man mit 37 Leuten nicht jedes Jahr stemmen“, so der stellvertretende GWG-Geschäftsführer Paul Schmid bei der Vorstellung der Jahresbilanz. „Aber es war schlicht keine Option, dass wir das eine für das andere reduzieren oder gar ganz lassen“, so der GWG-Vize: „Wir als GWG haben den Auftrag, hier in Tübingen Wohnraum für Menschen aus allen Bevölkerungsschichten zu schaffen. Das nehmen wir sehr ernst. Wir wollen niemanden vernachlässigen.“

Nicht nur bei der Bautätigkeit gab’s 2016 einen Rekord: Die Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau Tübingen erwirtschaftete bei einer Bilanzsumme von knapp 149 Millionen Euro (2015: 133,7 Millionen) einen Überschuss von 2,87 Millionen Euro (2015: 2,22 Millionen Euro). Das Geld kommt überwiegend aus dem Bauträgergeschäft, nicht aus der Vermietung, betont Wulfrath. Denn die Einnahmen aus rund 1 Prozent Mieterhöhungen vorwiegend im sanierten Altbau steckte die GWG auch 2016 wieder in ihren Modernisierungstopf. Wulfrath: „Wir schütten unsere Überschüsse nicht an Kapitalgeber aus, sondern investieren in unseren Bestand.“

Für Wulfrath dürfte der Überschuss künftig gern noch höher ausfallen. Denn zur Finanzierung neuer Wohnprojekte braucht die GWG eine möglichst hohe Eigenkapitalquote (derzeit rund 22 Prozent), weil die Banken Kredite nur über höchstens 80 Prozent der Bausumme gewähren – je mehr Eigenkapital, desto mehr neue Wohnungen. 1904 hatte die GWG 2016 in ihrem Bestand, davon 583 Sozialwohnungen, und zudem 99 Gewerbeeinheiten. Die Durchschnittsmiete lag bei 5,82 Euro pro Quadratmeter in geförderten, bei 6,76 in frei finanzierten Wohnungen – alles im Schnitt 25 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete.

2017 kommen 145 neue Wohnungen dazu, die meisten davon reguläre Sozial- oder Flüchtlingswohnungen. 2049 Wohnungen wird Tübingens größter Vermieter am Jahresende haben – auch dies ein neuer Rekord.

Der Bedarf in Tübingen ist groß: 450 Familien, Paare oder Singles mit Wohnberechtigungsschein sind als wohnungssuchend bei der Stadt gemeldet. Es fehlen Sozialwohnungen, so Wulfrath. Aber es fehlt auch bezahlbarer Wohnraum für den Mittelstand, etwa für Familien, die vielleicht nur etwas zuviel verdienen, um Anrecht auf eine geförderte Wohnung zu haben. Da ist es wichtig, einen möglichst großen kommunalen Wohnungsbestand zu haben. Und so plant die GWG schon heute so manches Bauprojekt für die nahe Zukunft, etwa am Hechinger Eck samt Tiefgarage, Seniorenheim und Wohnungen.

Neubauten an Stuttgarter Straße „dringend gebraucht“

Auf der „Franzosenwiese“ hinter bestehenden GWG-Altbauten sollen voraussichtlich 39 Wohnungen entstehen – 26 für Flüchtlinge, das restliche Drittel für Tübinger mit Wohnberechtigungsschein. Den Baubeginn plant die GWG für 2017 oder 2018.

Anwohner hatten sich über die aus ihrer Sicht zu massive Bauweise, zu geringe Abstände zu Bestandsgebäuden und zu hohe Belegungszahlen beklagt. GWG-Chef Uwe Wulfrath stellt klar, dass er die drei dort geplanten Gebäude, deren Entwürfe nach den Anwohnerprotesten überarbeitet worden waren, für „städtebaulich absolut verträglich“ hält. Vor allem aber „ist das günstiger Wohnraum, den man in Tübingen dringend braucht“.

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Erstellt:
01.07.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 01sec
zuletzt aktualisiert: 01.07.2017, 01:00 Uhr

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